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„Deine ersten Prüfungen verliefen sehr gut, mein Junge“ sagte der grauhaarige Ausbilder zu der männlichen Silberhand. „Deine Trainingsleistung war das Beste, was ich seit vielen Jahrzehnten gesehen habe. Du kannst stolz auf dich sein“. Der Jüngling lächelte aufgrund dieses hart erworbenen Lobes, denn diese Art von Kompliment wurde nur sehr selten vergeben. „Aber nicht zu stolz“, warnte der Ausbilder, „Denn es war ein Übermaß an Stolz, wodurch der, den wir verehren, ein furchtbares und doch tiefgreifendes Schicksal erlitt. Wiederhole für mich die Erzählung, die dir gelehrt wurde.“ Mit diesen Worten setzte sich der Ausbilder auf den Boden und lehnte seinen Rücken an den Stamm einer alten Eiche. Der Jüngling, deutlich nervöser, als während seiner Prüfungen, begann zu singen.

Es war einmal ein junger Krieger mit dem Namen Nuada, der sich selbst beibrachte unverwundbar auf dem Schlachtfeld zu sein. Sein Vater hatte ihm ein besonders einzigartiges und magisches Schwert geschenkt. Nuada trainierte vom ersten, spärlichen Sonnenlicht an, bis das Mondlicht sich bereits in seiner Klinge spiegelte. Er genoss jede Möglichkeit sein Können zu testen. Er suchte die größten Krieger aller bekannten Länder auf und forderte sie heraus. Das Blut und die gelegentliche Zerstörung, die solchen Prüfungen folgte, waren für ihn nur ein kleines Ärgernis. Jahrzehntelang verteidigte Nuada sein Volk gegen alle Feinde, ganz gleich ihrer Herkunft. Er machte auch vor Mitgliedern des eigenen Reiches keinen Halt. Selbst nachdem er zum König gekrönt worden war, gab Nuada seinen Platz an der Spitze seines Heeres niemals auf und führte es immer selbst in die Schlacht. Traurigerweise wuchs mit seinen Siegen auch sein Ego und während unsere Ländereien anschwollen, so tat dies auch sein Stolz.

An einem spätem Sommertag hörte Nuada, dass ein alter Feind zurückgekehrt war, um die Tuatha Dé Danann zu gefährden. Er hatte diesen Feind schon einmal besiegt und es ärgerte ihn, dass sie zurückgekehrt waren, um seine Zeit zu verschwenden; denn natürlich würde er sie wieder besiegen. Er verspottete ihre Drohungen und ignorierte die Anführer des Hohen Hofes, die ihm zur Vorsicht rieten. Man warnte Nuada, dass diese Feinde einen neuen Verbündeten oder eine neue Waffe gefunden haben mussten, da sie sonst nicht so dreist wären. Geschichten eines Ortes mit dem Namen „Depths“ und den merkwürdigen sowie mächtigen Kreaturen darin, hatten sie bereits erreicht. Die Anführer glaubten, dass ihre Feinde diesen Ort aufgesucht hatten und mit neuen, seltsamen Kräften zurückgekehrt waren. Nuada war von solchen Gerüchten unbeeindruckt; er schwor, dass er diesen Ort säubern würde, sobald seine Feinde ihr Leben durch seine Klinge verloren hätten. Er hatte seine Länder die ganze Zeit von Abscheulichkeiten gesäubert; für ihn sollten diese sogenannten „Depths“ keine Ausnahme sein.

Während die Tage vergingen, bereiteten sich die Tuatha Dé Danann auf die Invasion vor. Als der erste Nachtfrost kam, konnten die Kundschafter des Reiches dann auch eine feindliche Streitmacht entdecken. Nuada rief die Wilde Jagd herbei und schwor, dass er auf seine Feinde herabsteigen und ihren Anführer im Einzelkampf besiegen würde. Anschließend würde er Barmherzigkeit zeigen und die restliche Streitmacht mit einer Warnung zurück in ihre Ländereien schicken. Die Höfe hatten keine Chance sich nochmal zusammenzufinden, bevor Nuada und die Wilde Jagd los ritten. Sie rasten zur Küste, so dass die feurigen Hufen ihrer Hengste niemals den Boden zu berühren schienen. Nach einigen anstrengenden Tagen und Nächten des Reitens erreichten sie einen hoch aufragenden Ausblick, von dem sie sehen konnten, wie die Eindringlinge im Schutze der Nacht die Küste erreichten. Niemals zuvor hatten die Tuatha Dé Danann einer solchen Streitmacht gegenüber gestanden, so dass selbst Nuada aufgrund ihrer Anzahl überrascht und beunruhigt war. Nuada’s Unwohlsein steigerte sich, als er im Lager der Eindringlinge einen Verräter spüren konnte. Ein Tuatha Dé Danann war dort unten, dessen war sich Nuada sicher. Dann wusste er es; es war Bres, ein ehemaliger Freund von ihm. Bres hatte die Tuatha des Danann verlassen, um anderswo nach Macht zu suchen und nun stand er gemeinsam mit dem Feind an der Küste! Nuada’s angeschwollenes Ego übernahm die Oberhand, als er diesen Verrat realisierte. Völlig aufgebracht schwor Nuada, dass er Bres für den Verrat an seinen Leuten erschlagen würde. Neben Bres stand im Lager der Eindringlinge eine merkwürdige, einäugige Statue. Nuada hatte Gerüchte von dieser Statue gehört, sie wurde Balor genannt.

Nuada flog mit der Hunt im Rücken den Hang hinunter und forderte die Anführer heraus sich ihm im Einzelkampf zu stellen. Zu seiner Überraschung nahm Bres die Herausforderung an. Als Bres zwischen den Reihen der Feinde hervor geschritten kam, bemerkte Nuada, dass Bres sich sehr veränderte hatte und nicht mehr der junge Tuatha Dé Danann war, den Nuada einmal einen Freund genannt hatte. Bres Körper, wenn auch immer noch seiner Rasse zugehörig, hatte sich merklich verändert. Seine Aura, die früher einmal hell und klar gewesen war, wirkte nun düster, verunstaltet und strahlte ein kaltes, böses Licht aus. In seiner rechten Hand hielt Bres eine schwarze Obsidianklinge. Eindeutig lebendig, veränderte die Klinge ihre Form leicht im Mondlicht. Zuerst dachte Nuada die Lichter der Fackeln wären dafür verantwortlich, doch er konnte die Aura des Schwertes fühlen, sie war düster und veränderlich. Es war lebendig. Bres, der bemerkte, dass Nuada Notiz von seinem Schwert nahm, sagte, dass dies nur eine der Überraschungen sei, die er für Nuada parat hielt. Bres prahlte damit, wie er tief in die Depths vorgestoßen war, um nur noch mächtiger wieder hinauszukommen. Sein Schwert war nur einer der Schätze, die er erworben hatte. Bres prahlte, dass diese Schätze weitaus mächtiger waren, als die lächerlichen Wertlosigkeiten der Tuatha Dé Danann, Nuadas Schwert inklusive. Ohne die übliche Verbeugung und der respektvollen Begrüßung stürzte Bres Nuada entgegen und der Kampf begann.

Erstaunt aufgrund von Bres Behauptungen und seinem Mangel an Ehre und Respekt war Nuada von Beginn an im Nachteil, doch seine ganzen Jahre des harten Trainings ermöglichten ihm seine Fassung wiederzuerlangen. Langsam aber stetig gewann Nuada die Überhand und drängte Bres immer weiter Richtung Meer. Mit jedem Schlag wuchs Nuadas Zuversicht; er wusste, ganz offenbar im Gegensatz zu Bres, dass dieser Kampf vorüber war. Bei jedem Schlag, der sein Ziel traf und Bres zwang zurückzuweichen, lächelte dieser nur. Das Lächeln wurde zu einem lauten Gelächter, als Bres den Schaum der Wellen an seinen Füssen spürte. Ihr Duell setze sich mehrere Stunden fort und Bres nahm jeden Schlag von Nuada hin ohne einen weiteren Schritt zurückzuweichen. Bres war wie einer der kräftigen Bäume aus Eisenholz, die Tír na nÓg umringten und nahm selbst die rasendsten Angriffe von Nuada unnachgiebig hin.

Als die Dämmerung einbrach kämpften die beiden Krieger immer noch, doch Nuada fühlte die Ermüdung aufkommen. Er landete einen weiteren besonders heftigen Treffer und rutschte aus, denn er war tatsächlich geschwächt. Es schien, dass Bres genau auf dieses Zeichen gewartet hatte, denn er verfiel in ein manisches Gelächter und verhöhnte Nuada. Bres forderte ihn auf sich mehr anzustrengen, da er selbst noch nicht mal ins Schwitzen gekommen war. Er lachte über Nuadas Ermüdung. Während Bres Gelächter rauer wurde, kämpfte Nuada noch wilder, doch er konnte keine Öffnung für einen wirklich verheerenden Treffer finden. Als die Sonne sich über den emporragenden Klippen erhob, wurde Nuadas Ermüdung immer offensichtlicher. Bres übernahm die Offensive und drängte Nuada zurück zu den Klippen. Seine Schläge überwanden Nuadas Verteidigung und schließlich auch dessen Rüstung. Mit jedem Schlag fühlte Nuada am Einschlagpunkt, wie ein kalter Schauer seinen Körper durchzog.

Nach nur wenigen Momenten sah sich Nuada mit dem Rücken an den Klippen. Er sah, dass die Wild Hunt um ihren Anführer besorgt waren und dass Bres Streitkräfte ihn zum Ende des Kampfes wild anfeuerten. Genau in diesem Augenblick hätte Nuada schwören können, dass er sah, wie sich Bres Auge bewegte, doch er schrieb auch dies seiner Müdigkeit zu. Verzweifelt versuchte er einen letzten Trick, den er in seiner Jugend gelernt hatte. Als sie noch Sparringkämpfe austrugen hatte Nuada Bres einige Male mit dieser Technik besiegt. Er betete, dass es ein letztes Mal funktionieren würde. Als Nuada jedoch seinen Angriff begann, zeichnete sich ein Lächeln auf Bres Lippen ab. Das war es, worauf Bres die ganze Nacht gewartet hatte; jahrelang hatte er für diesen Moment trainiert. Als Nuadas Schwert sich so schnell bewegte, dass es nahezu unsichtbar im hellen Sonnenlicht war, blockte Bres Nuadas Schwert mit seiner linken Hand. Das Schwert glitt durch Bres Rüstung, doch anstatt durch Fleisch zu schneiden, traf es auf solides Metall. Während des Einschlags durchzog eine klirrende Kälte schmerzvoll Nuadas rechten Arm, der aufgrund der Kälte sehr schnell taub wurde. Bres schlug schließlich mit seinem eigenen Schwert zu und zerstörte Nuadas wertvolles Schwert. Nuadas Klinge zersprang in mehrere größere Teile, jedes davon überzogen mit Eis und Frost. Einen Moment lang stand Nuada wie vom Blitz getroffen vor Bres; fassungslos was gerade passiert war. Während Nuada seine Niederlage realisierte, schlug Bres erneut zu und trennte Nuadas Hand vom Arm ab. Es folgte ein fürchterlicher Tritt in die Beine, der Nuada auf seinen Knien zurückließ. „Du hast verloren, oh mächtiger König und wie es der Brauch vorschreibt, regiere nun ich diese Ländereien. Kehre zurück nach Tír na nÓg und berichte unserem Volk, dass ihr wahrer König eingetroffen ist,“ brüllte Bres.

Trotz des Schockes und seinen gravierenden Wunden gab Nuada sich nicht geschlagen und stürmte auf Bres zu, wie ein Bulle auf seine Herausforderer. Bres hatte dies erwartet und wich mit Leichtigkeit aus. Als Nuada an ihm vorbeiflog, trennte Bres den Rest von Nuadas Arm ab. „Ich kann das hier länger fortsetzen, als du es kannst, mein Bruder. Es scheint, als müsste man dich daran erinnern, wer hier nun König ist“, spöttelte Bres und wandte sich seinen Truppen zu, „Tötet sie alle, aber lasst die Krüppel am Leben“. Die Eindringlinge stürzten sich auf die Wild Hunt und setzten ihre Metzelei fort, bis auch der Letzte tot vor ihnen lag, ihre Körper verteilt im blutgetränkten Sand. Bres forderte seine Männer anschließend auf ihre Köpfe zu sammeln und in einen Sack zu tun, der aus Menschenhaut gemacht zu sein schien. Bres zündete eine Fackel an und benutzte diese, um Nuadas Wunde an der Schulter zu schließen. Er platzierte die Köpfe und den bewusstlosen Nuada auf seinem eigenen Phouka und befahl seinem Hengst in die alte Heimat nach Tír na nÓg zu reisen, die Last abzuladen und zur Flotte zurückzukehren.

Bres Phouka war erfreut über diesen Befehl. Das Pferd suchte sich das unebenste Terrain aus, durchkreuzte mehrfach unnötig Flüsse und tat generell alles, um den Ritt so schmerzvoll wie möglich für seinen Passagier zu machen. Bres Pferd schien seinen Erfolg daran zu messen, wie sehr die lebende Fracht vor Schmerzen stöhnte und mit jedem Mal stieg dessen Freude weiter an. Als sie die Hauptstadt Tír na nÓg erreichten, stellte sich das Phouka vor den goldverzierten Toren auf seine Hinterbeine und warf Nuada sowie den Sack voller Köpfe abrupt ab. Anschließend nahm es die Form einer attraktiven Frau an, wandte sich dem Tor zu und verkündete der Stadt, dass ihr neuer König auf dem Weg sei. Sie sagte, dass man sieben Tage Zeit hätte, um einen würdigen Empfang vorzubereiten. Ohne eine Antwort abzuwarten, schritt sich frech davon, die Bewohner der Stadt regelrecht dazu auffordernd ihr in den Rücken zu schießen. Doch die Bewohner waren beim Anblick dessen, was Nuada und der Wilden Jagd passiert war, geschockt und geschlagen, als hätte man die Mauern der Stadt eingerissen.

Eine Heilerin der Hamadryaden kümmerte sich um Nuada, als dieser bewusstlos durch seine Wunden in die Stadt getragen wurde. Als er sein Bewusstsein wiedererlangt hatte, berichtete er beschämt dem Hohen Hof die ganze Geschichte. Die Mehrheit der Anführer tadelte und schalt ihn, doch niemand verletzte ihn mehr als seine geliebte Morrigan. Anstatt zu sprechen verwandelte sie sich einfach nur in eine Krähe, kreiste dreimal über Nuadas Kopf und flog davon. Als Nuada diese Reaktion seiner jungen Enkelin sah, schmolz das Letzte, was von seinem Stolz noch übrig war schneller als Schnee, der dem Feuer ausgesetzt wird. Die nächsten sieben Tage lang trafen sich und debattierten die Anführer, um zu entscheiden, wie man mit der plötzlichen Veränderung umgehen sollte. Einige befürworteten den Widerstand und wollten die Abmachung ignorieren, die Nuada mit dem fatalen Duell eingegangen war. Sie argumentierten, dass Bres sich nicht an die Regeln gehalten und dass Nuada im Vorfeld nicht ihren Segen erhalten hatte. Andere Mitglieder argumentierten für die Bedeutung ihrer Ehre und drängten zur Kapitulation.

Obwohl die Heilerin in der Lage war den Heilungsprozess zu beschleunigen, konnte sie Nuadas Arm nicht wiederherstellen. Auch wenn Nuada immer wieder das Bewusstsein verlor, so hatte er das Gefühl, dass er sich nicht einmal in seinem Schlaf dem Desaster entziehen konnte, das er selbst herbeigeführt hatte. Er schlief sehr oft und seine Träume waren die reinste Tortur. Er träumte von den Depths und den verdorbenen Kreaturen, die darin lebten. Jede Nacht endete mit dem gleichen Alptraum, wie sein Arm von seiner Schulter flog, im Sand landete und Blut sich darum bildete, bis es einen Fluss darstellte. Der Fluss verschwand schließlich in einem Loch im Sand, während sein Arm, umringt von den Bruchstücken seines Schwertes, immer noch zuckte.

Am sechsten Tag verbrachte Nuada endlich den Großteil des Tages bei Bewusstsein. Er war jedoch nur noch ein Schatten seiner selbst. Sein Selbstvertrauen war ersetzt worden durch Erniedrigung und einer unglaublichen Wut. Er war nicht wütend, dass er das Königreich oder seine Freunde der Wild Hunt verloren hatte. Er war wütend, weil er den Kampf verloren hatte. Angewidert von sich selbst entschied er sich dazu aus der Stadt zu fliehen und schwor innerlich, dass er eines Tages wiederkehren würde, um Bres zu töten. Er wusste wohin er gehen musste. Dem gleichen Ort an den auch Bres gegangen war: die Depths. Er nahm die Bruchstücke seines Schwertes mit und verließ die Stadt ohne jemanden ein Wort zu sagen. Als Nuada zu seiner Suche aufbrach, erreichte Bres Streitmacht die ungeschützte Stadt, die sich schnell ihrem neuen Herren unterwarf.

Jahrelang wanderte Nuada durch die Lande und sucht nach dem Eingang der Depths. Viele, die er traf, hatten schon von dem Ort gehört, doch niemand wusste einen genauen Standort. Wie ein Hund auf der Jagd, verfolgte Nuada jede Spur. Anstatt mit der Zeit zu verblassen, verstärkte sich seine Wut und jedes mal, wenn er den Verlust seines Armes spürte, erneuerte er seinen Schwur Bres zu töten. Er reiste von Reich zu Reich, erblickte viele ungewöhnliche und sogar ergreifende Anblicke, doch nichts konnte seine Wut unterdrücken. Er unterzog sich selbst einem modifizierten und rigorosen Trainingsplan, denn er musste bereit sein zu kämpfen, sobald er die Depths fand. Er trainierte intensiv den Kampf mit seinem linken Arm. Er arbeitete an seiner Balance und Fußarbeit und obwohl er nicht mehr als ein alltägliches Einhandschwert besaß, erlangte er doch etwas seines Selbstvertrauens wieder, als seine Fähigkeiten sich verbesserten.

Über die Jahre sah Nuada sich oft dazu gezwungen belanglose Jobs anzunehmen, um seine Reisen finanzieren zu können. Doch er suchte weiterhin ständig nach Informationen, die seine Suche vorantreiben würden. Nachdem er eine Unzahl an Karawanen beschützt hatte, traf er auf einen Händler, der ihm erzählte, dass er einen Eingang zu den Depths gesehen hatte. Er bot an Nuada den Standort zu verraten, wenn dieser alles was er erbeutete teilen würde. Darüber hinaus würde der Händler einen Dvergr einstellen, der Nuada ein perfekt balanciertes Schwert und eine Rüstung schmieden würde, wenn Nuada sich dazu bereit erklären würde, eine Karawane dorthin zu führen. Nuada war mehr als nur ein wenig misstrauisch, doch er entschied, dass er nicht viel zu verlieren hätte. Davon abgesehen, selbst wenn der Händler lügen würde, so gäbe es eine einfache Lösung für diesen Verrat, egal ob linkshändig oder nicht. Nuada stimmte dem Handel zu und der Händler hielt sein Wort. Mehrere Jahre später standen Nuada und eine Truppe von angeheuerten Söldnern vor dem schwarzen Monolithen, der als Eingang zu den Depths diente.

Während er vor dem massiven, kalten und schwarzen Monolithen stand, der als Eingang zu den Depths diente, hielt Nuada einen Moment inne und versuchte sich daran zu erinnern, was er in den letzten Jahren über diesen merkwürdigen Ort erfahren hatte. Der Eingang lag zwar vor ihnen, doch hindurch zu schreiten würde Nuada erst an den Ort bringen, an dem die Depths wirklich liegen. Es könnte weit im Inneren dieser oder sogar einer anderen Welt liegen. Es könnte aber auch eine völlig andere Existenzebene sein. Es gab sogar Geschichten, dass man durch den Eingang in eine andere Zeit gelangen konnte, wenn auch Nuada diesen Gerüchten nur wenig Glauben schenkte. Magie war eine Sache, die Zeit zu verändern eine völlig andere. Nuada glaubte, dass der Eingang fühlend war und jede Art von Erscheinungsbild annehmen konnte. Wer nach Einlass suchte, musste den Eingang überzeugen sich zu öffnen. Dies war kein tiefes, düsteres Verlies aus irgendwelchen Legenden, das man mit einer einfachen Phrase oder Beschwörungsformel öffnen konnte; es war ein gewaltiges Enigma, das im wahrsten Sinne des Wortes einen eigenen Verstand hatte.

Dieses Wissen ließ in Nuada ein seltenes Gefühl aufsteigen, Angst. Vor Bres kannte Nuada keine Angst, doch nun kannte er sowohl Angst als auch Niederlage und er konnte beidem nichts abgewinnen. Er glaube, dass seine Motive rein waren, doch nichts konnte die Wut bändigen, die sich in ihm ausbreitete und seine Brust zu zerreißen drohte, wenn er an Bres dachte. Nuada hatte keine Zweifel, dass er sich als würdig erweisen und dass die Depths ihn entsprechend belohnen würden: mit Schätzen, die weitaus mächtiger waren, als die, die Bres erhalten hatte. Er würde anschließend in seine Heimat zurückkehren und seinen rechtmäßigen Platz innerhalb seines Volkes wiedererlangen. Darüber hinaus würde er das eine oder andere private Wort mit bestimmten Mitgliedern des Hofes zu wechseln haben, inklusive seiner eigenen Enkelin. Sie würden zu spüren bekommen, wie töricht es war an ihm zu zweifeln und noch viel schlimmer, ihn in der Öffentlichkeit zu erniedrigen.

Nuada stand mit dem Rest seiner Gefährten vor dem Monolithen und prüfte kritisch die merkwürdige Vereinigung, die der Händler zusammengestellt hatte. Sie bestand aus Rassen, die alle drei Reiche repräsentierten. Die Meisten sahen jung aus, doch in dieser veränderten Welt, wäre es ein Fehler sich nur auf das Aussehen zu stützen, wenn man die Fähigkeiten anderer abschätzte. Was wirklich wichtig war, waren Erfahrung und Macht, insbesondere Macht. Nuada bemerkte einige helle Auren innerhalb der Gruppe, doch die meisten von ihnen schienen erst vor Kurzem ihre Kräfte erlangt zu haben. Dies bestätigte sich, als Nuada angelehnt an einen nahegelegenen Baum still mitansah, wie einige versuchten die Depths zu betreten. Einer nach dem anderen ging auf den Monolithen zu und beschwor magische Wesen oder sang in uralten Sprachen. Alles was sie vorzuweisen hatten waren geprellte Köpfe, ausgetrocknete Kehlen und das gelegentliche, spöttische Gelächter eines beschworenen Wesens. Nuada verstand, dass es keine Möglichkeit gab den Eingang auszutricksen oder sich gewaltsam Zutritt zu verschaffen. Während seiner Reisen hatte er gehört, dass man die Form des Eingangs beobachten, alle Hinweise entschlüsseln und diese kopieren musste. Dieser Teil verwirrte Nuada.

Tagelang setzten seine Gefährten ihre nutzlosen Bemühungen fort und Nuada dachte sich, wie sinnlos diese Versuche, den Monolithen zu öffnen, doch waren. Dann kam ihm plötzlich ein Gedanke, der Monolith war glatt und strukturlos, ohne einen Kratzer darauf. Er war, wie ein unbeschriebenes Blatt. Die Schwärze seiner Oberfläche deutete natürlich auf Dunkelheit hin. Lächelnd aufgrund seiner eigenen Cleverness, sagte Nuada den Söldnern, dass sie sich ausruhen und auf einen mondlose Nacht warten sollten. Dann würde er den Monolithen öffnen. Seine Vorhersage verspottend, stimmten sie zu einige Tage abzuwarten. Die meisten der Söldner verbrachten ihre Zeit damit Karten oder andere Glücksspiele zu spielen und sich gegenseitig abscheuliche Geschichten zu erzählen. Zwei von ihnen nahmen daran jedoch nicht teil und Nuada fühlte sich eher zu diesen Beiden hingezogen. Der Erste war ein Dvergr namens Johann Großbeute, der ein ansteckendes Wesen und eine fröhliche Herangehensweise ans Leben hatte. Die Zweite war eine menschliche Frau mit dem Namen Nimue. Nuada spürte große Macht von ihr ausgehen und er war froh darüber, dass sie Teil seiner Gemeinschaft war. Im Verlauf der nächsten drei Tage, als die anderen unbedeutenden Beschäftigungen nachgingen, fingen die drei an einander kennenzulernen und Pläne für die Zukunft zu schmieden.

Während dieser kurzen Pause, lernte Nuada eine Menge über Nimue und Johann. Nimue war eine vielversprechende junge Magiern aus dem inneren Zirkel der prestigeträchtigsten Magierschule ihres Reiches, bekannt als Die Akademie. Sie hatte in ihrer frühen Ausbildung überragende Leistungen gezeigt und aufgrund ihres Äußeren die Aufmerksamkeit vieler prominenter Persönlichkeiten innerhalb der Schule gewonnen. Obwohl sie sich ihrer Wirkung auf diese Art von Leuten durchaus bewusst war, hatte sie selbst kein Interesse an deren Aufmerksamkeit. Sie wollte lernen eine mächtige Magierin zu werden und sah alle anderen Aktivitäten als Ablenkung an. Wie viele Leute in ihrem Alter, fühlte sie sich hingezogen zu Artus’ Vision einer neuen Welt. Nimue sehnte sich danach neben ihm zu stehen und den Weg für eine bessere und hellere Zukunft zu bereiten. Sie war weder lautstark noch moralisierend mit ihren Ansichten, doch ihre Augen waren gefüllt von der Begeisterung und Leidenschaft der Jugend; gestärkt durch die gleiche Überzeugung und dem Bedürfnis herauszuragen, wie es auch Nuada in seiner Jugend besessen hatte. Er konnte, selbst in seiner derzeitigen Verfassung, nicht anders, als eine väterliche Bindung zu ihr zu fühlen.

Johann hingegen war ein Dvergr, der das Leben in vollen Zügen genoss. Er hatte unzählige Geschichten über sein Leben unter der Erde und konnte ewig von seinem Volk, seiner Familie und den Schönheiten, Wundern und Gefahren, die unter der Erde lauerten, erzählen. Johann liebte es Alkohol zu trinken und am Ende der ersten Nacht hatte er seinen kleinen (für einen Dvergr) Vorrat an Erfrischungsgetränken aufgebracht und war ständig auf der Suche nach privaten Vorräten, die seine Gefährten heimlich versteckt hatten. Er prahlte auch mit den Kämpfen an denen er teilgenommen hatte, doch Nuada störte dies nicht, denn Johann erzählte die Geschichten auf eine Weise, die weniger seinen eigenen Beitrag würdigte, als viel mehr diejenigen lobpreiste, die an seiner Seite gekämpft hatten. Nuada bemerkte, dass er anfing auch mit Johann ein positives Band einzugehen, obwohl Nuadas Volk die Angewohnheit hatte auf die Dvergar sowohl buchstäblich als auch bildlich herabzublicken.

Nach einem absolut wolkenlosen Tag, brach zur Dämmerung ein Regensturm über sie ein. Selbst als der Mond seinen Höhepunkt erreichte, war nicht mal mit den schärfsten Sinnen ein Licht wahrzunehmen. Nuada forderte seine Gefährten auf sich völlig bewegungslos vor den Monolithen zu stellen, während sie auf den dunkelsten Teil der Nacht warteten. Sie sollten alle Gedanken beiseite schieben und so gut es ging den bewegungslosen und absolut glatten Monolithen nachahmen. Widerwillig versuchten alle Söldner Nuadas Anweisungen zu befolgen, doch für einige war es schwierig ihren Kopf freizumachen. Sie hatten nicht die gleiche Disziplin, wie Nuada. Natürlich hatten sich Nuada und seine neugewonnen Freunde bereits darauf vorbereitet, so dass es für sie eine Leichtigkeit war. Nachdem sie es einige Male versucht hatten, gelang es den Söldnern schließlich zu Ruhe zu kommen und sich von ihren Gedanken zu befreien. Es geschah jedoch erst einmal nichts und sie entschieden, dass es sich hierbei nur um einen weiteren sinnlosen Versuch handelte. Doch plötzlich erhellte der Monolith den Himmel mit einem roten Licht. Das Licht kam wie ein scharlachroter Strahl auf sie hinunter und berührte nach und nach jeden einzelnen von ihnen. Bei einigen verweilte es kurz, während es bei anderen kaum die Stirn berührte. Nachdem alle Abenteurer auf diese Weise berührt worden waren, veränderte der Strahl seine Form zu einem Wirbelstrom und wurde weiß. Bevor sie reagieren konnten, zog der Strudel die Abenteuer in sich. Das nächste, woran sie sich erinnern konnten, war, wie sie vor einer Reihe von goldenen Türen mit merkwürdigen Verzierungen standen. Die Verzierungen sahen eher aus, als wenn sie dort gewachsen wären, anstatt von geübten Händen geschnitzt worden zu sein.

Ganz gleich, was die Abbilder auf den Türen waren, niemandem der Gefährten kamen sie bekannt vor. Nuada zuckte mit den Achseln und schüttelte den Rest seiner Bedenken ab. Wenn Bres hier überleben konnte, dann konnte er es ganz sicher auch. Er marschierte auf die massiven Türen zu und zog an den gigantischen, goldenen Griffen. Zu seiner Überraschung glitten die Türen geschmeidig über die polierte Steinoberfläche und öffneten sich ohne einen Ton von sich zu geben. Mit einem Teil seines alten Selbstvertrauens rief Nuada die Depths an und ließ alle Kreaturen, die hier wohnten, wissen, dass er nun gekommen sei; womit er seinen Gefährten auch seinen Namen offenbarte. Die Enthüllung seiner wahren Identität kam für viele der Söldner, wie ein Schock, denn Nuadas Name und seine Taten waren im Land wohlbekannt. Nuada lachte, als er ihre Reaktionen sah. Er versprach ihnen allen Macht und Ruhm, wenn sie ihm folgen würden. Alle Söldner willigten ein, auch ihr Anführer. Offen gestanden waren sie sich nicht sicher, was sie mehr fürchteten, diesen Ort oder Nuadas legendären Zorn. Johann und Nimue hatten bereits vermutet, dass ihr Begleiter mehr war, als es zuerst den Anschein hatte, doch, dass es sich hierbei um Nuada handelte, kam auch für sie als eine Überraschung. Nuada führte sie durch den Eingang in die erste Höhle, einem Ort, der eines Tages als Höhle der verlorenen Seelen bekannt sein sollte.

Die Söldner folgten einem überraschend ausgetretenem Pfad durch die Höhle, doch das Licht ihrer Fackeln konnte die Dunkelheit um sie herum nicht verdrängen. Selbst die unterirdisch berühmte Sehschärfe der Dvergar konnte die unnatürliche Dunkelheit dieser Kammer nicht durchdringen. Nuada wusste aufgrund des Echos ihrer Schritte auf dem Steinboden, dass der Raum sehr groß sein musste. Frustriert nicht mehr als eine Handbreite weit sehen zu können, rief er die Magier der Gruppe dazu auf eine Lichtquelle zu beschwören. Der Schwächere der Magier beschwor eine Lichtkugel, doch als er sie herbeizauberte wurde sie umgehend von der Dunkelheit verschluckt, als wäre sie von einer gigantischen Kreatur verschlungen worden. Auch Nimue versuchte es, hatte jedoch nicht mehr Erfolg als ihr Gegenüber. Nuada forderte sie auf zusammenzuarbeiten und nach einigen fehlerhaften Versuchen schafften sie es schließlich ausreichend Licht zu erzeugen. Sie konnten nun erkennen, dass die Höhle mit großen Statuen gefüllt war. Es schien, als würden die Statuen alle bekannten Rassen und noch einige weitere darstellen. Einige dieser Statuen waren auf grausame Weise verzerrt und kamen einer Verspottung gleich. Andere schienen einfach nur still dazustehen, als würden sie darauf warten, zum Leben erweckt zu werden. Als die Lichtkugel sich in der Kammer ausbreitete, enthüllte das Licht eine Höhle mit Statuen, deren Anzahl man kaum zählen konnte und als die Kammer weiter enthüllt wurde, konnte man erkennen, dass mehrere der Statuen Rüstungen, Schmuck und Waffen von hoher Qualität trugen, die fast schon legendär wirkte.

Ein Mitglied der Gruppe, ein junger Leprechaun, der in eine rote Jacke und goldenen Kniehosen gekleidet war, konnte seine Aufregung kaum unter Kontrolle halten. Seine Augen glühten und veränderten ihre Farbe, als ihm die Reichtümer bewusst wurden. Ohne auf Nuadas Erlaubnis zu warten, wandte er sich vom Pfad ab und landete flink neben einer der Statuen. Nuada rief ihm warnend zu und war selbst erstaunt als nichts passierte und der Leprechaun verstohlen einen goldenen Torques von der Statue nahm. Der Leprechaun kicherte aufgrund von Nuadas Zurückhaltung, schlug seine Absätze zusammen und forderte seine Gefährten auf sich dem Plündern anzuschließen. Mit einem Sack voller Schätze, gerade soviel, wie er tragen konnte, wandte sich der Leprechaun wieder dem Pfad zu und verspottete seine Gefährten für ihre Ängstlichkeit. Sobald seine Füße jedoch den Pfad berührten, stoppte er mitten im Schritt und war zu Stein verwandelt. Einige von ihnen keuchten, doch Nuada hatte kein Mitleid mit dem Leprechaun, denn er war gewarnt worden. Wenn überhaupt, so fühlte sich Nuada durch dessen Tod bestätigt und er befahl den Söldnern auf eine Weise, wie er auch schon als König seine Befehle gegeben hatte, dem Pfad zu folgen und schnellstmöglich diese verfluchte Höhle zu verlassen. Als auch der letzte Söldner den Raum verlassen hatte, wandte sich Nuada noch einmal dem versteinerten Leprechaun zu. Er konnte die Statue nicht mehr sehen, doch in späteren Tagen einmal hätte Nuada schwören können, dass er im Augenwinkel noch sehen konnte, wie die Statue sich bewegte, als würde sie von einem unsichtbaren Wesen davongetragen werden.

Nuada führte die Söldner zügig den Pfad entlang und auf eine Kreuzung zu, von der drei Wege abzugehen schienen. Während sie gingen, bemerkten sie, dass der polierte Steinpfad sich allmählich uneben anfühlte. Mehrere von ihnen sahen hinunter auf den Boden und erkannten Körperteile, die ungleichmäßig in den Boden eingelassen waren. Nur ein Blick nach unten war genug, um sie davon zu überzeugen es nicht ein weiteres Mal zu tun. Sie zogen ihre Waffen, als sie sich der Kreuzung näherten und drosselten ihre Geschwindigkeit, entweder aus Angst oder aus Erwartung auf Widerstand zu stoßen.

Sie erreichten das Zentrum und standen vor einer Statue, mit einer erhöhten Plattform darüber, von der eine riesige Flamme, die ständig ihre Farbe wechselte, ausging. Die Statue schien eine greifbare Bosheit auszustrahlen und die Flamme schien kein „normales“ Feuer zu sein, denn Edelsteine tanzten zwischen den Flammen. Das Merkwürdigste war jedoch, dass die Statue ihr Erscheinungsbild veränderte, je nachdem wer sie gerade anschaute. Für einen der Männer erschien sie als Körper einer üppigen Frau seiner Rasse, aber mit einem Totenkopf als Kopf, blutgetränkten Klauen als Händen und Füssen, die eher wie die sich krümmenden Tentakeln irgendeiner See-Kreatur aussahen. Für Nimue zeigte sich die Statue als eine Frau, deren Körper vollständig von Speeren durchdrungen wurde und die ganz offensichtlich eine Menge Schmerzen hatte. Nuada sah sich selbst ohne Arme, wie er ein Schwert verschluckte, das dort wieder herauskam, wo man es vermuten würde. Während sie gebannt von der Macht der Statue dort standen, wurden die Abbilder immer grausamer und ließen das jeweilige Opfer immer größere Qualen erleiden.

Der jüngste der männlichen Magier verlor seinen gesunden Menschenverstand und beschwor seinen mächtigsten Feuerzauber, um die personalisierte Abscheulichkeit, die ihm ins Gesicht blickte, zu zerstören. Sofort, als der Magier mit seinem Zauber begann, forderte Nuada alle auf sich zu verteilen. Als der Zauber die Statue traf, wurde es umgehend klar, dass magische Angriffe keine gute Idee waren. Die Statue veränderte sich erneut und dieses Mal nahm sie die Form eines Feuerelementars an. Befreit von seiner Gefangenschaft wandte sich der Elementar seinem Befreier zu und verbrannte ihn zu Asche. Mehrere der anderen Söldner liefen los und rannten um ihr Leben. Nimue hielt inne und bereitete einen Zauber vor, dessen blaues Glühen Nuada vermuten ließ, dass es sich um einem Wasser- oder Eiszauber handelte. Der letzte zurückgebliebene Söldner, Johann, stand vor der Magierin und stieß seine schweren Arme, wie zwei Hämmer, in den Boden, wodurch dieser anfing zu erbeben. Nuada, der ihre Tapferkeit zu schätzen wusste, eilte an ihre Seite und zog sein Schwert.

Als der Elementar auf sie zu kam, schleuderte er mühelos und mit einer beunruhigenden Genauigkeit Feuerbälle in ihre Richtung. Nimue hatte genau dies erwartet und beschwor eine Wand aus Eis, um die Feuer-Attacken zu kontern und der Kreatur das Zielen zu erschweren. Dies erzürnte den Elementar und seine Wut intensivierte seine Angriffe. Nimue tat ihr Bestes, um die Wand aufrechtzuerhalten, doch ihre magischen Reserven schwanden schnell. Nuada und Johann wussten, dass sie schnell handeln mussten. Johann, wie es für sein Volk typisch war, wollte direkt auf das Monster zustürmen und behauptete, dass seine steinige Haut ihn beschützen würde. Er forderte Nuada auf zurückzubleiben, eine Öffnung in der Defensive der Kreatur abzuwarten und dann hart zuzuschlagen. Nuada hatte jedoch, wie üblich, seine eigene Idee. Er bat Johann seine steinernen Arme dazu zu benutzen, um die Stabilität der Brücke zu schwächen. Johann erkannte die Cleverness dieser Idee an, nickte und hämmerte auf die Brücke ein. Als die Brücke kurz davor war zusammenzubrechen, forderte Nuada Johann auf zu stoppen. Nuada bat anschließend Nimue eine dünne Schicht Eis über die instabile Brücke zu legen. Als der Plan vorbereitet war, gingen alle drei zurück und warteten ab, was passieren würde.

Wie erwartet, brach der Elementar durch die Wand und näherte sich der beschädigten Brücke. Er war kurz davor sie zu betreten, bevor er kurz inne hielt, hinunterschaute und anfing zu lachen. Das Gelächter war fürchterlich. Diese Kreatur war kein gedankenloses Monster, sondern ein fühlendes und bösartiges Wesen. Der Elementar zeigte nach oben, machte eine Geste und schlug die Fäuste zusammen. Anschließend nahm er einige Schritte Anlauf und bereitete sich darauf vor über die instabile Brücke zu springen. Als er dies sah, nahm auch Johann Anlauf und stürmte auf den Elementar zu, so dass Beide mitten über der Brücke miteinander kollidierten. Das Geräusch ihres gewaltigen Zusammenstoßens hallte weit durch die Höhlen. Während Johann sich an die Beine des Elementars klammerte, realisierte der Elementar schnell, was geschehen sollte. Er wusste jedoch auch, dass es zu spät war, um dies zu verhindern. Als die Brücke kollabierte wurde das Brüllen der Kreatur von Johanns Gelächter erstickt. Sie fielen hinunter in die Dunkelheit und Nuada hörte, wie Johann mit dem Elementar kämpfte und rief, dass er ohnehin etwas zum Aufwärmen gebraucht hatte. Der Klang von Johanns Stimme und dem fortlaufenden Kampf zwischen ihm und dem Elementar verblasste langsam, als Nimue und Nuada sich vom Rand der Brücke entfernten.

Nuada war erstaunt über die Opferbereitschaft des Dvergr, insbesondere weil er sie doch kaum gekannt hatte. Nach ein paar Sekunden Ruhepause verfolgten Nuada und Nimue ihren Weg zurück und suchten nach einer Möglichkeit die kaputte Brücke zu umgehen.

Selbst Nuada hielt es für weise den Rücktritt anzutreten, nachdem von ihrer Gruppe nur noch zwei Mitglieder übriggeblieben waren. Nimue stimmte dem einfach nur zu. Sie verfolgten ihre Schritte zurück in der Hoffnung das Eingangstor zu erreichen, doch schnell fanden sie heraus, dass der Eingang zur Höhle der verlorenen Seelen nicht mehr vorhanden war. An seiner Stelle war ein Tunnel, der überzogen war mit etwas, das aussah, wie verunstaltete Äste von Bäumen. Nuada nahm dies als ein gutes Omen, denn Bäume, ganz gleich ihrer Form, waren etwas, dass er gut kannte. Als Nuada den Durchgang betrat, bemerkte er schnell, dass sein Optimismus Fehl am Platze gewesen war und dass der Tunnel ein Vorbote einer noch entsetzlicheren Szenerie war, die sich langsam vor seinen Augen auftat. Während Nuada und Nimue durch den Tunnel reisten, fiel ihnen auf, dass er von einem kränklichen, grünen Glühen erleuchtet war. Das Glühen stammte von einer Art Moos, das jeden Zentimeter des Tunnels bedeckte und auf eine Weise pulsierte, die der Atmung einer lebendigen Kreatur ähnelte. Nimue fühlte sich mehr als nur etwas unwohl und beschwor ein magische Auge, das sie im Tunnel vorschickte, um sie frühzeitig vor Gefahren zu warnen. Das Auge schaffte es nicht weiter, als einen Steinwurf entfernt, bis eine grüne Ranke von der Decke das Auge ergriff und zerquetschte. Als die Überreste des Auges zu Boden fielen, verschlang der Moos die Teile gierig mit einem schlürfenden Geräusch. Sie hatten keine andere Wahl, als weiterzugehen und so griff Nuada sanft nach Nimues Schulter und gemeinsam gingen sie langsam voran. Nuada hielt sich vor Nimue, seine linke Hand am Schwertgriff und jederzeit bereit es ohne Verzögerung zu ziehen.

Als sie sich dem Zentrum des Tunnel näherten, beschwor Nimue ihre Eismagie und versuchte die Decke einzufrieren, da sie nicht daran interessiert war herauszufinden, ob ihr Kopf ein ähnliches, glucksendes Geräusch machen würde, wie das magische Auge, das zerquetscht wurde. Es funktionierte und die Ranke schlug nicht nach ihnen aus; sie war festgefroren. Während sie weiter durch den Tunnel gingen, sahen sie jedoch, wie Kreaturen aus den kammerähnlichen, grünen Massen an den Seiten und der Decke herauskrochen. Die Wesen waren teilweise humanoid, teilweise pflanzlich und generell einfach nur alptraumhaft. Sie waren klein, aber hatten riesige Augen und missgestaltete Arme und Beine. Letztere waren wie Pflanzen und mit jedem ihrer Schritte zogen sie eine Spur hinter sich her, wie eine Schnecke, während ihre kleinen Arme so kraftvoll aussahen, wie die eines Schmiedes. Nimue fing an blindwütig mit Zaubern um sich zu schmeißen und feuerte kleinere Salben Eismagie ab, während Nuada wieder einmal sein Schwert zog. Er stürzte sich auf die Kreaturen und hackte sie in Stücke, doch sehr schnell bemerkte er, dass für jede zerstörte Kreatur, zwei neue ihren Platz einnahmen. Nimue hatte mehr Glück, denn ihre Zauber ließen die Kreaturen erstarren, so dass keine neuen entstehen konnten. So mächtig sie auch war, wurde sie jedoch trotzdem sehr schnell müde. Nimue war noch sehr jung und dies war erst ihre zweite Aufgabe als Söldnerin. Sie hatte weder die praktische Erfahrung noch die magischen Reserven, die ältere und erfahrenere Magier im Verlaufe von Generationen erwerben.

Nimue und Nuada arbeiteten sich weiter vor und erreichten schließlich einen Punkt, an dem keine weiteren Kreaturen vor ihnen waren; wobei sie im Rücken eine Unzahl an Viecher hatten, die sie so schnell verfolgten, wie ihre pflanzen-ähnlichen Beine sie trugen. Der Schall, der ertönte, während die Masse an Kreaturen durch den Tunnel rannte, beeinträchtigte das Gehör und den Geruchssinn der Abenteurer. In dem relativ engen Tunnel wurden die Sinneseindrücke, denen Nuada und Nimue ausgesetzt wurden, nur noch verstärkt, während die Beiden weiter angegriffen wurden und um ihr Leben kämpften. Nuada fühlte sich hilflos, als die Meute sich ihnen näherte, denn er wusste, dass seine Fähigkeiten und seine Waffe nicht ausreichen würden, um sie alle zu besiegen. Er entschied sich dazu, sein Schwert eher wie eine Keule zu gebrauchen, ergriff die Klinge und schleuderte den Griff hin und her. Seine Hände fingen an zu bluten bei diesem Vorhaben, doch immerhin konnte er so verhindern, dass immer mehr Kreaturen zum Leben erweckt wurden. Auch Nimue versuchte sie abzuwehren und schleuderte ihre Zauber langsamer als zuvor, doch selbst in dem reduzierten Tempo zehrten die Bemühungen an ihren Kräften. Nuada konnte sehen, dass ihre Aura zu verblassen begann und es dauerte nicht mehr lange, bis sie ihre magischen Reserven aufgebraucht hatte. Auch Nimue selbst konnte dies fühlen. Ein Hoffnungsschimmer kam auf, als sie sich weiter durch den Tunnel vorarbeiteten und ein weiteres Portal am Ende des Tunnels der grünen Verdammnis sahen. In ihrem derzeitigen Tempo würden sie es jedoch nicht erreichen, bevor sie von den Kreaturen überrannt worden wären. Nuada überlegte kurz Nimue einfach mit seinem verbliebenen Arm zu packen und zum Ausgang zu rennen, doch er wusste, dass dies sinnlos gewesen wäre. Die Kreaturen würden viel schneller rennen, sobald Nimue ihre Zauberei einstellen würde.

Als wenn sie seine Gedanken lesen konnte, drehte Nimue sich um und der Blick in ihren Augen sprach Bände. Sie wusste, dass sie nur eine Chance hatten; einer musste sich opfern, um den anderen zu retten. Bevor Nuada auch nur ein Wort sagen konnte, erklärte sie ihm, dass sein Opfer sinnlos wäre, denn sie war bereits dem Tode nahe, nachdem sie ein Teil ihrer Lebenskraft verbraucht hatte, um ihre Zauberei fortzusetzen. Selbst wenn Nuadas Tod ihr etwas Zeit erkaufen würde, so wäre sie bald so hilflos, wie ein neugeborener Sturmreiter, der den Stürmen ausgesetzt war. Wenn sie jedoch ihr Leben opfern würde, könnte Nuada seine Mission fortsetzen oder zumindest entkommen. Nuada empfand enorme Traurigkeit, als er ihre Worte hörte, doch er stimmte ihr zu zu, denn es war das Einzige, was er tun konnte. Er wollte noch mehr sagen, irgendetwas ergreifendes und heroisches, doch bevor er es konnte, rief sie nur „Lauf!“ und das tat er auch, ohne sich noch einmal umzudrehen bevor er das Ende des Tunnels erreicht hatte.

Als er zurückblickte, sah er wie Nimue ihre letzte Magie dazu benutzte, um den Tunnel um sie herum zu vereisen. Während die Kreaturen erstarrten, ausrutschten und umher schlitterten, verfluchte sie diejenigen, die kurz davor waren sie zu töten. Mit ihre Worten schwor sie der Erneuerung ab, um im Ausgleich dafür die Zerstörung aller Kreaturen herbeizuführen. Nuada war geschockt bei diesem Anblick, denn Nimues Todesfluch war der Mächtigste, den er je mitangesehen hatte. Sie gab ihre Lebenskraft auf, um alle Kreaturen zu töten. Sie wurde umgehend in ein Wesen aus reiner, kalter Energie verwandelt. Wenn auch ihre Aura zuvor sehr stark gewesen war, so war sie nun blendend vor Kraft. Nuada hatte noch niemals zuvor in seinem Leben eine solche Macht gespürt und zum zweiten Mal spürte er das Gefühl von Angst. Es gab jedoch keinen Grund zur Furcht; Nimues Macht war auf die Monstrositäten gerichtet, die sie immer noch belagerten und von einer leichten Beute ausgingen. Als die erste Kreatur sie berührte, erstarrte sie umgehend, fiel zu ihren Füssen und zersprang in mehrere Eisscherben, die sich im ganzen Tunnel verteilten und jede einzelne Kreatur, abgesehen von Nuada, berührten. Schnell ähnelte der Tunnel einem winterlichen Gemälde gefüllt mit Eiszapfen, eingefrorenen Kreaturen und einer mächtigen und mutigen Frau in der Mitte, in der sich kurz zuvor noch eine chaotische Szene abgespielt hatte. Als auch die letzte Kreatur starb, wandte sich Nimue Nuada zu und lächelte ihn an. Eine kleine, eisige Träne lief über ihr Gesicht und als sie zu Boden fiel erstarrte auch Nimue zu Eis und schloss sich der nun unheimlich ruhigen Szenerie an. Nuada war erfüllt von Bedauern, als er durch den Ausgang des Tunnels ging.

Als die Tür sich hinter ihm leise geschlossen hatte, stand Nuada vor einer Art Aue. Seine Sinne taumelten erneut, als er recht schnell bemerkte, dass sich vor ihm im Feld keine Grashalme sondern Körperteile bewegten. Das Feld hatte Hügel und Täler und auch diese waren aus Körperteilen gemacht. Nuada spürte eine merkwürdige Präsenz in der Luft um ihn herum, während die Scheußlichkeit dieses Anblicks seinen Verstand angriff. Es war eine lebendige Kreatur, doch er konnte sie weder sehen noch berühren. Schließlich hörte er manisches Gelächter erschallen und fragte sich, ob es von seinen eigenen Lippen oder den Depths kam. Er spürte, wie merkwürdige Gedanken sich in seinem Verstand breit machten und versuchten die Kontrolle zu übernehmen. In der Ferne konnte er etwas erkennen, das aussah, wie ein offener Mund und er lief darauf zu. Während er rannte, erwachte das Gras aus Körperteilen zum Leben. Hände griffen nach ihm, Beine versuchten ihn zu Fall zu bringen und der konstante Strom an fremdartigen Gedanken in seinem Kopf, sagte ihm, dass er sich hinlegen sollte, um zu rasten, denn es würde schon alles gut werden.

Nuada kämpfte gegen diese Gedanken an, zog sein Schwert und versuchte sich einen Weg durch den lebendigen Alptraum zu schlagen. Er war getränkt in schwarzem Blut und Gedärmen, als er versuchte das nächste Hindernis, das zwischen ihm und dem lockenden Mund stand, zu überwinden. Er rannte den Hügel hinauf und realisierte, als er auf der anderen Seite hinunterrutschte, dass es sich um die Brust einer Frau handelte. Er rutschte immer schneller hinunter und erreichte am Ende den Mund, der in der Tat von einem Gesicht umgeben war, Nimues Gesicht. Sein gesunder Verstand fing an zu zerbrechen und er stand einfach nur lachend da, während das Gras ihn langsam zu Boden zog. „Ruhe“, dachte er sich, „das würde ihm nun gut tun. Nur ein kurzes Nickerchen“. Während er sich langsam hinlegte, hörte er in seinem Kopf eine vertraute Stimme, Nimues Stimme und sie sagte erneut nur ein Wort, „Lauf!“. Nuada kämpfte verzweifelt gegen die Ermüdung und die Arme, die nach ihm griffen, an, erhob sich langsam und sprang durch den geöffneten Mund.

Nimues Mund schnappte hinter ihm zu und während Nuada sich abrollte, fühlte er einen Untergrund, der dem weichen Waldboden seines geliebten Heimatlandes ähnelte. Als er aufstand, sah er ein Feuer in der Nähe und das Licht beleuchtete eine Reihe von Bäumen, die eine Schmiede umringten. Während er sich der Schmiede näherte, fühlte er ein Unwohlsein in sich aufsteigen. War dies eine neue alptraumhafte Erscheinung in dieser von Schrecken erfüllten Welt? Näher an der Schmiede, bemerkte er schließlich, dass das, was er für Bäume gehalten hatte, in Wirklichkeit gigantische, kräftige Finger waren. Er hielt inne und bediente sich einmal mehr seiner Veilsicht. Es gab keinen Zweifel, die Schmiede war am Leben! Darüber hinaus wirkte sie hungrig und schien jeden verschlingen zu wollen, der sich ihr näherte. Nuada zog sein Schwert und forderte die Depths heraus mit dem Schlimmsten zu kommen, dass es aufbringen konnte. Eine unglaubliche Wut stieg in ihm auf und als er die restliche Entfernung zur Schmiede hinter sich gebracht hatte, flackerte diese vor Macht auf. Ranken, Beine und eine abscheuliche Kombination aus lebendigem und totem Fleisch platzte aus der Schmiede heraus und attackierte Nuada. Dies war der Kampf den Nuada wollte, nein, nicht wollte, sondern brauchte und während er die Kreaturen in Stücke hackte, stieg ein Gefühl der Freude in ihm auf. Jetzt war er in seinem Element und es kümmerte ihn nicht, was diese Kreatur genau war, denn er würde sie völlig zerstören.

Ihr Kampf dauerte Stunden und Nuada schien mit jeder vergangenen Minute und mit jedem Schlag seines Schwertes nicht schwächer, sondern stärker zu werden. Er spürte, wie die Macht der Depths ihn umgab, nahm sie an und zog eigene Kraft aus ihr, um die Kreatur anzugreifen. In einem Moment bemerkte Nuada, dass die Finger anfingen sich langsam zu schließen, so wie man es von bestimmten Pflanzen her kennt. Das brachte ihn nur erneut zum Lächeln und er lachte die Kreatur aus, während er elegant von Finger zu Finger tanzte und diese an ihrem Schaft abtrennte. Mit jedem Finger, der zu Boden fiel, bemerkte Nuada erneut, dass diese Kreaturen nicht nur aus Fleisch, sondern auch aus einer weiteren Substanz gemacht waren. Nuada war es jedoch egal, denn alles was ihn interessierte war, dass er sich glücklich schätzte, endlich wieder etwas zu töten. Während sich ihr gigantischer Kampf fortsetzte, spürte Nuada eine weitere Präsenz an diesem verdorbenem Ort. Nuada war sich sicher, dass diese Präsenz ihn gerade beobachtete und beurteilte. „Nun“, schmunzelte Nuada, „Ich sollte diesem Wesen dann wohl mal wirklich etwas zeigen!“.

Nuada beschwor eine seiner vielen Gaben und seine Angriffe gewannen an Stärke, während seine Bewegungen so agil wurden, dass er sich langsamer zu bewegen schien, obwohl er in Wirklichkeit viel schneller geworden war. Er hatte klar die Oberhand in diesem Todestanz und er war die lebende Verkörperung von Anmut, Stärke und Macht. Die schmiede-ähnliche Kreatur schien diese Veränderung zu fühlen und versuchte sich von Nuada zurückzuziehen, doch es gab kein Entkommen. Nuada kämpfte sich unaufhaltsam durch die letzten Verteidigungen der Kreatur und stieß sein Schwert durch die Spitze des Ambosses. Mit diesem Schlag hörte die Kreatur auf zu kämpfen. Nuada schrie die Kreatur und die merkwürdige Welt, die er betreten hatte, an, während das Gehirn und Sekret der Kreatur dahinflossen. Nach nur wenigen Momenten lag die Kreatur völlig regungslos da und Nuada hätte schwören können, dass er in der Entfernung jemanden Beifall hatte klatschen hören.

Nuada setzte sich hin, reinigte sein Schwert und wieder einmal spürte er eine Präsenz um ihn herum, doch dieses Mal kam sie ihm vertraut vor. Schließlich bemerkte er kaum hörbare Schritte näherkommen. Kurze Zeit später konnte Nuada eine humanoide Form ausmachen, die auf ihn zuging (oder vielleicht zu glitt). Nuada stand auf und hielt sein Schwert angriffsbereit, als die Schatten ein halbwegs vertrautes Gesicht offenbarten. Es war das Gesicht des Händlers, der Nuada angeheuert hatte. Nuada war sprachlos bei diesem plötzlichen und unerwartetem Anblick und sein erster Gedanke war, dass es sich lediglich um eine neue Erscheinung handelte, mit der man ihn austricksen wollte.

„Bleib, wo du bist“, sagte Nuada und stand da, wie ein Raubtier, das kurz davor war seine Beute zu erlegen, „Sieh dir an, was ich mit der letzten Kreatur getan habe, die versucht hat mich auszutricksen.“

„Dich austricksen, mein Freund? Nicht im Entferntesten. Du hast bewiesen einer der mächtigsten Krieger zu sein“, erwiderte der Händler salbungsvoll, „Du bist sogar noch besser, als ich bei deiner Rekrutierung erwartet hatte.“

„Was willst du von mir?“, fragte Nuada mit mehr als nur ein wenig Wut in seiner Stimme.

„Genau genommen, will ich gar nichts von dir „, antwortete der Händler, „Ich möchte lediglich, dass du bekommst, was dein Herz begehrt. Einen neuen Arm; ein repariertes Schwert und andere Schätze, die dir helfen können deinen rechtmäßigen Platz in deinem Volk zurückzuerlangen.“

„Niemand vergibt solche Dinge ohne selbst etwas zu verlangen“, sagte Nuada verbittert, „Warum solltest du es tun?“

„Du hast mir bereits soviel gegeben, oh einstiger König“, sagte der Händler. „Zuerst hast du mich unterhalten und dies geschieht nur sehr selten. Zweitens hast du den Eingang zu diesem Ort geöffnet und einige seiner schlimmsten Schrecken besiegt. Schlussendlich hast du mir die Chance gegeben etwas zu benutzen, dass ich schon sehr lange gebrauchen wollte, eine der Schmieden hier.“

„Ich sehe keine echte Schmiede hier“, antwortete Nuada, „Diese Kreatur war falsch.“

„Das stimmt, doch sieh dir einmal ganz genau an, was von der Kreatur übriggeblieben ist“, sagte der Händler.

Als dies gesagt war, wandte Nuada sich der Kreatur zu und sah, dass unter den ganzen Körperteilen eine goldene Schmiede lag. Wieder einmal benutzte er seine Veilsicht und konnte erkennen, dass es sich wirklich um eine Schmiede handelte und nicht nur eine weitere Kreatur war, die sich als Schmiede ausgab. Nuada nickt dem Händler zu.

„Jetzt bin ich an der Reihe. Wenn du so gütig wärst, um mir dabei zu helfen diesen Müll wegzuräumen, damit ich mit meiner Arbeit beginnen kann“, sagte der Händler. Nuada nickte nur erneut und half dem Händler die Schmiede und die unmittelbare Umgebung zu säubern. Der Händler benutzte einen magischen Zauberstab und verbrannte das tote Fleisch. Als dies getan war, machte er sich an die Arbeit.

„Ruh dich etwas aus und dann erkunde diesen Ort, sofern dir danach ist. Man weiß nie, was man hier findet“, sagte der Händler und packte einige Beutel aus, die Nuada vorher nicht bemerkt hatte, „Lauf ruhig herum, aber sei jederzeit bereit zum Kampf und entferne dich nicht zu weit.“

Nuada fing an das Areal um die Schmiede herum zu erkunden und weitete seine Suche schließlich aus, wobei er immer sicher ging, dass er seinen Weg in irgendeiner Form markierte. Einige Male ritzte er seine Initialen in Stein, Fleisch oder andere Substanzen von denen er keine Ahnung hatte, woraus sie bestanden. An anderen Stellen wiederum hinterließ er Dinge auf dem Boden, die ihm als Erinnerung dienen sollten. Einmal zündete er eine Fackel an, die in einem Wandleuchter steckte, doch die Fackel erwachte zum Leben und griff ihn an! Die meisten seiner Verbrennungen waren jedoch nicht gravierend und verheilten recht schnell. Nuada verbrachte mehrere Tage damit, die nahegelegenen Durchgänge zu erkunden und auch wenn er einige interessante Artefakte gefunden hatte, so war bisher nichts wirklich machtvolles oder tödliches dabei. Als seine kleine Reserve an Nahrungsmitteln sich dem Ende näherte, kehrte Nuada zur Schmiede zurück. Der Händler war fort, doch er hatte eine Notiz und mehrere Gegenstände hinterlassen. Auf der Notiz stand nur „Für Nuada“ und Nuada konnte nicht anders als darüber zu lachen.

Der erste Gegenstand, der seine Aufmerksamkeit erregte, war ein schwarzes Obsidianschwert, ganz ähnlich dem, das Bres trug. Die Notiz auf dem Schwert besagte „Schwing mich, falls du kannst.“ Diese Waffe war größer, als Bres Klinge und sie strahlte eine Aura aus, die ganz offensichtlich von diesem Ort verdorben war. Es war eine andere Aura, als die von Bres Schwert, denn statt kalt zu glühen, glühte diese Aura hell und rot. Nuada versuchte das Schwert aufzuheben, doch es war zu schwer für seinen linken Arm. Egal wie sehr er sich anstrengte, er konnte es kaum von seinem Platz an der Schmiede hochheben. Nuada versuchte es wieder und wieder und während seine Wut immer größer wurde, bemerkte er, dass er es immer weiter anheben konnte, jedoch keinesfalls genug, um es als Waffe zu benutzen. Er platzierte es mit einem lauten Klirren zurück auf dem Amboss und wandte sich dem nächsten Schatz zu, einem goldenen Arm.

Der Arm, den der Handwerker hergestellt hatte, war überwältigend. Versehen mit einer eleganten Filigranarbeit erschien er zu schön, um wahr zu sein. Der Arm war mit einer weiteren Notiz versehen, die besagte „Berühre mich, wenn du dich traust.“ Mit etwas Zurückhaltung berührte Nuada den Arm tatsächlich, doch zu seiner Überraschung geschah nichts. Er berührte ihn erneut, hob ihn mit seinem linken Arm an, doch immer noch geschah nichts. Einmal mehr stieg die Wut in ihm hoch und der Arm reagierte darauf. Es war aber nicht genug, damit mehr als das passierte. Als er vor Wut fast am explodieren war, legte Nuada den goldenen Arm zurück auf seinen Platz und wandte sich dem letzten Schatz zu, einer großen, hölzernen Kiste.

Wenn auch die Kiste nicht besonders anzusehen war, so hatte sie ihre eigene Aura. Die Notiz auf der Kiste besagte: „Iss mich, wenn du Manns genug bist“. Seine Hand zitterte, als Nuada die Kiste öffnete und eine seidige, blutrote Spinne zum Vorschein kam. Sich weigernd, knallte Nuada die Kiste zu, hob sie an und war kurz davor sie ins Feuer zu werfen, als er sich gerade noch zurückhalten konnte. Es ist immerhin nur eine Spinne. Er hatte schon schlimmeres gegessen, als man ihn in der Jugend herausgefordert hatte. Irgendwas an der Spinne war jedoch merkwürdig und er befand sich immer noch in den Depths. Alle möglichen Gedanken gingen durch seinen Kopf, Nimue, Johann, sein Volk und nach kurzer Überlegung legte er die Kiste zurück und setzte sich daneben. Er öffnete die Kiste, griff nach der lebendigen Spinne, die versuchte ihn zu beißen, schloss seine Augen und aß sie. Er bereute es umgehend. Sie war noch am Leben, als sie seinen Rachen hinunterglitt und auf dem Weg in seinen Magen mit den stacheligen Beinen um sich trat.

In diesem Moment spürte Nuada die Wut in ihm wieder aufsteigen. Der Händler hatte ihn ausgetrickst, sein eigenes Volk hatte ihn verraten und Johann und Nimue, nun sie waren Narren gewesen. Niemand auf dieser Welt interessierte sich wirklich für ihn. Er war es leid. Während die Spinne sich weiterhin in seinem Magen bewegte, offenbar immer noch am Leben, spürte Nuada noch etwas anderes, Macht. „Ja“, sagte er zu sich selbst, „Macht ist der Schlüssel und ich kann sie erlangen. Ich werde diesen verdammten Arm funktionsfähig machen, das Schwert ergreifen, Bres damit töten und ich werde dafür sorgen, dass mein Volk mich anfleht wieder ein Teil von ihnen zu werden.“ Erneut berührte er den Arm und dieses Mal antwortete der Arm auf Nuadas Berührung. Er sprang aus dessen Hand und hängte sich selbst an den Stumpf an. Ranken aus Gold schossen aus dem einen Ende hervor und hafteten sich an Nuadas Schulter. Nuada konnte spüren, wie sein Fleisch sich mit dem Arm vereinte und eins wurde. Er konnte die Finger bewegen. Der Arm fühlte sie an, als wäre es sein eigener. Er versuchte das Schwert aufzuheben und merkte, dass es dieses Mal ganz leicht ging. Als er das Schwert über seinem Kopf kreisen ließ, konnte er fühlen, wie das Leben darin nach weiterem Leben trachtete, nach Blut. Das Schwert fühlte sich mit seinem goldenen Arm so leicht an, wie eine Feder, während er die Spinne gar nicht mehr spüren konnte. Er realisierte plötzlich auch, dass er wusste, wie er die Depths verlassen konnte. Ein geheimer Durchgang, der ihn zu einem Tunnel führen würde, wodurch er schneller in sein Land zurückkehren konnte, als wenn er auf dem Landweg reisen würde. Er lachte laut auf und dankte den Depths, als er auf den Durchgang zurannte.

Als er The Depths verließ, wurde es plötzlich ruhig; abgesehen vom Lachen eines ganz bestimmten Händlers, der liebevoll die neu ausschlagenden, grünen Ranken der Golden Forge streichelte, während diese ihn zurück liebkosten.

Als Nuada aus den Depths emporstieg, betrat er eine Welt, die völlig anders war, als die, die er verlassen hatte. Ihr müsst wissen, dass der normale Zeitverlauf wenig Einfluss an dem merkwürdigen Ort hatte, von dem er gerade kam. Nuada arbeitete sich durch den ersten Tunnel hindurch und entdeckte in der Nähe eine Stadt, die vorher nicht mehr als eine kleine Siedlung der Tuatha Dé Danann gewesen war. Viel mehr noch, niemand von den Leuten wusste, wer er war und seinen Namen kannte man nur aus Legenden. Nuada war mehr, als nur ein wenig verdutzt und er war sprachlos, als man ihm erzählte, was die letzten Jahre über passiert war. Offensichtlich war er mehr als einhundert Jahre fort gewesen, doch wenn er sein Spiegelbild betrachtete, war er nicht einen einzigen Tag gealtert. Er war wütend über diese unerwarteten Neuigkeiten, doch er kochte vor Wut, als ein unglücklicher Spaziergänger ihm von „Bres dem Gesegneten“ und seiner erfolgreichen Herrschaft über ihr Reich erzählte. Nuada musste all seine Selbstbeherrschung aufbringen, um die Person für diese Nachricht nicht zu köpfen. Nuada packte ihn stattdessen am Hals und quetschte das Leben fast schon aus ihm heraus, bis ihm klar wurde, dass der Mann nichts anderes getan hatte, als das zu erzählen, was für ihn die Wahrheit war. Nuada pirschte frustriert davon, wie ein Raubtier, das seine Beute verfehlt hatte und schwor einmal mehr, dass er Bres töten würde. Sobald dies getan war, würde er erneut die Depths aufsuchen und den Händler lehren, dass mit Nuada nicht zu spaßen war, ganz besonders nicht in seiner derzeitigen Verfassung. Er würde die Depths erobern und seine Macht dazu benutzen, um sein Volk zu einem noch höheren Ansehen innerhalb der Reiche zu führen, wobei er gleichzeitig natürlich auch seinen eigenen Ruhm vermehren würde. Und danach, wer weiß das schon? Mit der Kontrolle über die gesamte Macht der Depths war alles möglich!

Im Verlauf der nächsten Jahrzehnte reiste Nuada durch die Lande der Tuatha Dé Danann und sorgte für Unruhen in seinem Volk. Um die Wahrheit zu sagen, begann ohnehin bereits eine Menge Wut in der Bevölkerung aufzusteigen, auch wenn auf den ersten Blick alles wunderbar erschien. Nuada hatte keine Skrupel oder Bedenken diese Hitze einige Grad höher zu stellen. Es wurde viel über die Probleme zwischen den drei Reichen dieser Welt gesprochen. Die Einigkeit, die über viele Generationen hinweg erlangt worden war, zeigte erste Anzeichen des Bröckelns. Niemand wusste, woher diese Zweitracht stammte, doch Nuada fand heraus, dass es ganz offenbar anfing, als er und seine Gefährten die Depths betreten hatten. Er verschwendete vorerst keinen weiteren Gedanken daran und versammelte um sich eine kleine Armee aus dem Abschaum der Gesellschaft der Tuatha Dé Danann. Nuada griff zurück auf alle bekannten Rassen des Reiches, trainierte sie ohne Gnade und schmiedete sie zu einer Waffe, so machtvoll, wie sein eigenes Obsidianschwert.

Schnell verbreiteten sich im Land Gerüchte über Nuadas Rückkehr, gepaart mit Geschichten in denen oftmals übertrieben wurde, wenn es um seine Armee oder die „Schätze“, die er in den Depths erlangt hatte, ging. Ihr müsst wissen, dass die Depths eine fürchterliche Reputation erlangt hatte, während Nuada darin herumgereist war. Wenige von denen, die den Ort betreten hatten, kehrten mit genug von ihrem Verstand zurück, um die Geschichten ihres Unglücks und Überlebens zu erzählen. Worüber jedoch noch mehr gesprochen wurde als die Depths, war das Schwert, das Nuada im Kampf führte. Überall hörte man Geschichten darüber, wie das Schwert die Seelen von Männern verschlang, dass es intelligent und in Wirklichkeit Nuadas Meister war. Nuada hieß solche Gerüchte nicht nur willkommen, nein, er förderte sie sogar, indem er für die Massen verschiedene Zwischenfälle auf seinen Reisen inszenierte. Wenn er eine Show abziehen musste, um mehr Unterstützung zu gewinnen, so würde er dies tun. Seine Ziele zu erreichen war alles, was für ihn zählte. Nur wenige, vertraute Gefährten, sofern man sie als solche bezeichnen konnte, kannten die Wahrheit und während Nuada sich mit seiner Armee Tír na nÓg näherte, schien das Land den aufkommenden Sturm zu spüren und verstummte. Es war so, als wenn alle Lebewesen auf seinem Weg sich dazu entschieden woanders zu sein, während er seinen unermüdlichen Marsch zur Hauptstadt der Tuatha Dé Danann fortsetzte.

Schließlich erreichten Nuada und seine Armee das Objekt der Begierde. Sie standen vor den geschlossenen Toren seiner früheren Stadt, als der Herbst und seine Farben ihren Höhepunkt erreicht hatten. Während Nuadas Armee vor den riesigen, goldenen Toren kampierte, saß er rittlings auf einem neuerworbenen, schwarzen Phouka und hielt sein Obsidianschwert in seiner rechten Hand. Um ihn herum blühten die Bäume im hellen und dunklen rot, während riesige, goldene Blätter durch die Luft wirbelten und eine Szenerie kreierten, die eines Künstlers würdig gewesen wäre. Auf dem Wehrgang der Stadt konnte Nuada die tödlichen Bogenschützen seines Reiches sehen und bemerkte ihre Blicke, die einem Jäger ähnelten, der mit etwas Angst und Mitleid ein wildes Tier beobachtete, das es zu erlegen galt. Nuadas Schwert schien diese Emotionen zu spüren und summte in seinen Händen in Erwartung eines Kampfes. Nuada rief nach Bres und forderte ihn zu seinem Duell heraus, um die Zukunft ihres Volkes zu entscheiden. Unglücklicherweise für Nuada und seinem Schwert, gab es keine Antwort aus der Stadt. Tagelang verblieb die Stadt geschlossen und es wurde nicht einmal ein Bote zu Nuada geschickt. Als die Belagerung von Tír na nÓg begann, hätte sich niemand, auch nicht Nuada oder Bres, vorstellen können, wie sich dieses Ereignis eines Tages entwickeln würde.

Im Verlauf der nächsten Monate wurde Nuada immer frustrierter, denn die Belagerung schien wenig Auswirkungen auf die Stadt und ihre Einwohner zu haben. Die Hauptstadt der Tuatha Dé Danann war gebaut worden, um Belagerungen standzuhalten. Über die Jahrzehnte waren neue und mächtigere Zauber von den Magiern der Stadt gesprochen wurden, um die Verteidigungen der Stadt zu verstärken. Nuada wusste, dass er nur mit Ruhe und Geduld einen Sieg erlangen konnte und selbst wenn es Jahre dauern würde, so war er bereit so lange wie möglich zu warten, um seine Ziele zu erreichen. Während seine Armee langsam wuchs, schienen die Bewohner der Stadt ohne Unterbrechungen ihrem Alltag nachzugehen. Die Festspiele des Winterlichen Hofes wurden wie geplant abgehalten, so dass die Belagerer den Klang von Festlichkeiten und Belustigungen innerhalb der Stadt hören konnten. Wenn auch keiner der üblichen Wahrsage-Zauber es ermöglichte in die Stadt hineinzublicken, war sich Nuada trotzdem sicher, dass seine Belagerung scheiterte. Im Stillen fing er an über eine Niederlage nachzudenken, doch jedes mal, wenn er seinen neuen Arm oder sein Schwert erblickte, wurden diese Gedanken durch Wut auf Bres und sogar seinem eigenen Volk ersetzt. Wie konnte sie ihn so behandeln, dachte er sich. Er war ihr erster König! Er hatte viele Schlachten für sie ausgetragen und unzählige Abscheulichkeiten getötet, um sie zu beschützen. Und jetzt schworen sie einer Person die Treue, die nichts anderem würdig war, als dem Tod. Wenn er siegreich war, würde er die Höfe zusammenrufen und herausfinden, wer ihn verraten hatte. Er würde sie dafür bezahlen lassen, ganz gleich wohin ihn seine Untersuchungen führen würden, selbst wenn es seine eigenen Familie wäre. Als der Winter langsam anfing um sich zu greifen, gab es weder Anzeichen dafür, dass die Entschlossenheit der Stadtbewohner noch die von Nuada sich irgendwann legen würde.

Monate später, als der letzte Schnee des Winters zu schmelzen begann, stand Nuada immer noch vor den Toren der Stadt und war kein Stück nähergekommen sie zu durchschreiten oder selbst davonzuziehen. Als der Frühling kam, erblühte seine Wut, wie die Knospen der Bäume und er ließ diese Wut an denen aus, die um ihn herum waren. Genau in dem Moment, als die Moral innerhalb der Armee zu bröckeln begann, gab es das erste Anzeichen für ein Ende dieser endlosen Pattsituation. Ein Bewohner der Stadt, eine Heilerin der Hamadryaden, wurde gefangengenommen, als sie die Stadt verließ. Als man sie in sein Zelt brachte, erkannte Nuada sie umgehend als die Heilerin, die ihn vor Ewigkeiten behandelt hatte. Zum ersten Mal seit über einem Jahrhundert (zumindest in der realen Welt) überkam Nuada ein emotionaler Moment; eine Erinnerung daran, was sie damals für ihn getan hatte. Er ging zu ihr hinüber; die Arme geöffnet, als würde man einen lange verschollenen Angehörigen umarmen wollen, doch sie schreckte vor Entsetzen zurück. Er sah, wie ihre Fühler warnend zuckten und wie ihr Schwanz eine aggressive Haltung einnahm.

„Komm mir nicht zu nahe. Du bist nicht Nuada, du bist eine Abscheulichkeit!“, sagte die Hamadryade.

Nuada fühlte sich bei ihren Worten, wie vom Blitz getroffen, denn in seinen Augen sah er, wenn man von seinem goldenen Arm absah, nicht anders aus, als er es schon immer getan hatte. Er antwortete ihr wütend und sagte, dass er Nuada sei und sich abgesehen von seinem neuen Arm nicht viel verändert hatte. Ein kleines bisschen weiser vielleicht, doch nicht sehr viel anders im Vergleich zu dem Tuatha Dé Danann, der er vor Bres Verrat gewesen war.

„Du siehst es wirklich nicht?“, fragte sie und schüttelte ihren Kopf derart von einer zur anderen Seite, dass Nuada dachte, sie würde sich selbst verletzten.

„Was denn sehen?“, sagte Nuada, „Ich sehe nichts anderes, als den einen, wahren König dieses Landes und all seinen Leuten. Du bist es, die Dinge sieht.“

„Dein Arm. Es ist der Arm einer Spinne und dein Schwert strahlt soviel Böses aus, dass es einen Tag vor deiner Ankunft schon den Himmel erleuchtet hat.“

„Was ist nur mit dir geschehen während meiner Abwesenheit? Mein Arm ist aus Metall, das stimmt, doch er dient mir gut. Und mein Schwert, es ist nicht böse, sondern nur ein Werkzeug. Ein Werkzeug mit dem ich die Stadt zurücknehmen und nach meinem Ermessen regieren werde“, sagte Nuada.

„Welche Stadt willst du regieren?“, sagte die Hamadryade, „Es gibt keine Stadt mehr, die du regieren könntest“.

„Du bist wirklich wahnsinnig“, sagte Nuada mit mehr als nur ein wenig Mitleid in seinen Worten, „Ich stehe vor der großen Hauptstadt Tír na nÓg, während ihre Bewohner sich mir törichterweise widersetzen und ihr feiger König sich in der Stadt verkriecht, wie die verräterische Ratte, die er ist“.

Die Hamadryade schien verwundert über diese Worte und schüttelte erneut ihren Kopf von einer zur anderen Seite.

„Ich bitte euch mein Lord, mein König“, sagte sie und nahm einen neuen und sanfteren Ton an, „Was seht ihr vor euch?“

„Wenn dies ein Spiel ist“, sagte Nuada, „Ich warne dich, ich bin nicht in der Verfassung für Spielereien“.

„Tut einer armen Heilerin, die einst euer Leben gerettet hat, den Gefallen“, sagte sie, „Bitte erzählt mir, was ihr seht“.

In dem resigniertem Ton, den Eltern oft bei schwierigen Kindern benutzen, sagte er, „Ich sehe die riesigen Tore dieser Stadt. Verziert mit dem reinsten Gold und den feinsten Edelsteinen stehen sie stolz vor uns. Ich sehe Männer und Frauen in den besten Rüstungen unseres Volkes auf den Wehrgängen der Stadt, während sie einzigartige Bögen halten.“

„Ich verstehe“, sagte die Hamadryade, „Siehst oder hörst du irgendetwas anderes?“

„Ich höre das Gelächter von Leuten, die die neue Jahreszeit fröhlich willkommen heißen. Diese Leute sollten längst am verhungern sein und trotzdem feiern sie, als hätte man den Höhepunkt der Erntezeit erreicht. Ich habe monatelang nach den versteckten Tunneln gesucht, wodurch die Stadt ihre Vorräte beziehen muss, doch ich habe nichts gefunden. Wirst du mir erzählen, wo sie sind?“, antwortete er.

„Ich verspreche dir, dass ich dir diese Frage beantworten werde, wenn du eine einfache Sache für mich tun würdest“, sagte die Hamadryade.

„Und das wäre“, antwortete Nuada zügig, denn er war begierig die Lage der versteckten Tunnel zu erfahren, denn dann könnte er die Stadt von ihren Versorgungen abschneiden und die Belagerung würde ein viel schnelleres Ende finden.

„Lass mich dich einmal anfassen, so wie es ich früher getan habe“, sagte sie sanft, wie eine Mutter zu einem verängstigten und verwundeten Kind.

„Ist das alles? Natürlich kannst du mich anfassen. Aber sei dir bewusst, dass mein Griff um deinen Hals, das Letzte ist, was du fühlst, wenn du versuchen solltest mich auszutricksen,“ sagte Nuada lächelnd und mit einer Menge Bosheit in seinen Worten.

„Natürlich, mein vornehmer Lord“, antwortete sie sarkastisch, als sie sich ihm langsam näherte.

Als die Hamadryade Nuada erreichte hatte, legte sie ihre rechte Hand auf Nuadas Kopf und nicht auf seinen Arm, wie er es erwartet hatte. Zuerst dachte er, dies wäre ein Trick, doch er erinnerte sich, dass sie das Gleiche getan hatte, als man ihn vor so vielen Jahrzehnten das erste Mal zu ihr gebracht hatte. Er entspannte sich, als sie mit einem Gesang in der magischen Sprache der Heiler begann. Sofort fing eine unglaubliche Kraft an durch ihren Körper zu fließen. Ihre Haut glühte im wahrsten Sinne des Wortes, während sie ihren Zauber wirkte. Nuadas Augen fingen an sich zu schließen, als eine Kugel aus reinstem Licht seinen Kopf umhüllte. Als das Licht um seinen Kopf kreiste, schrie er auf und als Reaktion auf den Schmerz, warf er die wohlgesinnte Heilerin quer durchs Zelt. Nuada hielt sich den Kopf, als würde er von hunderten kleiner Dolche zerstochen werden, während er vergeblich versuchte seine Schreie zu unterdrücken. Auch seine Männer fingen an den gleichen Schmerz zu spüren, während die Heilerin ihren Gesang fortsetzte. Sie erhob sich vom Boden und beschwor eine unglaubliche Kraft, die sich in der ganzen Armee verbreitete. Die Schreie erreichten ihren Höhepunkt in einem Missklang von Schmerz und Leid, den das Land seit vielen Generationen nicht mehr gehört hatte. Glücklicherweise endeten die Schreie genau so schnell und abrupt, wie sie begonnen hatten. Nuada schüttelte die Auswirkungen ab und marschierte wütend auf die Heilerin zu, um sie zu töten. Die Heilerin wusste, was in ihm vorging und sie streckte ihre rechte Hand in seine Richtung, als sie sich vor ihn kniete.

„Schlagt meinen Arm ab, wenn ich euch beleidigt habe, Nuada, doch bevor ihr dies tut, werft zu erst einen Blick auf euren eigenen, rechten Arm“, sagte sie.

Ohne darüber nachzudenken schaute Nuada an seinem Arm herab und der Anblick entsetzte ihn. Es war kein wundervoller, goldener Arm, es war der Arm einer Spinne. Viel schlimmer noch war, dass das schwarze Schwert, das er mit Stolz getragen hatte, eine gezackte Schöpfung aus Klingen, Stacheln und Knochen war. Er weigerte sich zu glauben, was er sah und hob sein Schwert, um die Heilerin anzugreifen.

„Was hast du mit mir gemacht?“, fragte er.

„Nichts anderes als euch von dem Zauber zu befreien, der auf euch lag, mein Lord,“ antwortete sie ohne Angst, „Wenn ihr mir nicht glaubt, geht hinaus und zeigt euch euren Männern, sollte euch die Reaktion derer hier im Zelt nicht ausreichen, um euch zu überzeugen.“

Nuada sah sich um und es war, wie sie es beschrieben hatte. Seine Männer blickten ihn in der Tat so an, als würden sie ihn das erste Mal sehen und sie hatten Angst dabei.

„Das ist unmöglich. Das kann einfach nicht sein“, sagte er.

„Es ist so, auch wenn ich es mir anders wünschen würde“, antwortete sie traurig.

Nuada rannte aus seinem Zelt und wer ihn sah, reagierte wie diejenigen, die ihn im Zelt gesehen hatten. Er rannte durchs Camp und suchte nach jemandem, der die Wahrheit sehen konnte und nicht diese verzerrte Version von ihm, die die Heilerin irgendwie heraufbeschworen haben musste. Ja, dachte er sich, sie ist Schuld daran. Das muss ein Trick sein. Nuada war kurz davor zurück zu rennen, um die Heilerin zu erschlagen und den vermeintlichen Zauber zu brechen, als er bemerkte, dass er vor den Toren der Stadt stand. So erschreckend es auch war, was er bisher gesehen hatte, dieser Anblick bestürzte ihn noch viel mehr.

Die Tore der Stadt waren nicht golden, denn man hatte allen Reichtum abgerissen. Sie waren auch nicht verschlossen, sondern standen offen, so dass es jeder sehen konnte. Er hatte eine geöffnete Stadt belagert? Er warf einen Blick auf die Wehrgänge, doch anstelle von den erwarteten Truppen sah er nur die Überreste von toten Männern und Frauen.

„Das kann nicht sein. Ich weigere mich dies zu glauben“, schrie er.

„Es ist die Wahrheit, Nuada, ganz gleich, wie sehr du dich weigerst, es zu glauben“, sagte die Heilerin, die sich ihm leise genähert hatte und nun hinter ihm stand.

„Was ist es, das ich hier sehe?“, fragte er flehend.

„Die Wahrheit, nichts anderes“, sagte sie.

„Was ist hier passiert? Mit mir, mit unserer Welt?“, fragte er.

„Du stehst unter einem furchtbaren Zauber, Nuada. Ein Zauber von solcher Macht, dass ich nur einen Teil davon rückgängig machen konnte und diesen auch nur noch kurze Zeit in Schach halten kann. Im Bezug auf unsere Stadt, die wurde vor Jahrzehnten bereits verlassen“, sagte sie, „Niemand von unserem Volk ist dort noch am Leben. Es gibt nichts weiteres, als eine bösartige Statue eines einäugigen Gottes mit dem Namen Balor“.

„Ich erinnere mich an diese Statue vom Kampf gegen Bres“, erwiderte Nuada.

„Ja, die Statue war auch dort, doch da war er noch keine lebendige Kreatur oder vielleicht war es auch und wir wussten es nur noch nicht. Jetzt ist er ein bösartiges Wesen, das einfach nur dasitzt und das Leben aus unserem Volk und unserem Land saugt. Sein Einfluss hat sich im ganzen Land verbreitet und sich durch den Boden auf korrumpierende Weise von Stadt zu Stadt ausgeweitet“, antwortete die Heilerin.

„Und Bres?“, fragte Nuada.

„Er hat die Schätze der Stadt gestohlen und mit einigen seiner Anhänger vor Jahrzehnten die Stadt verlassen. Das Volk ließ er als Bezahlung für Balor zurück und traurigerweise wurde die einäugige Kreatur in vollem Umfang dafür entlohnt, dass sie Bres geholfen hat dich zu besiegen“.

„Ich werde mich selbst rächen, es Balor zurückzahlen und anschließend Bres finden, um ihn zu töten und unsere Schätze zurückzugewinnen“, sagte Nuada, während eine riesige Wut in ihm aufstieg.

„So sehr ich mir auch wünschte, dass dies wahr wäre, so kann ich euch nicht anlügen. Ihr seid nicht mehr der König, der ihr einst wart“.

„Nicht wirklich! Ich fühle mich besser, als jemals zuvor. Dieser Arm mag aussehen wie ein Alptraum, doch er kämpft traumhaft, genauso wie das Schwert“.

„Es ist eine Illusion, mein Lord. Ich kann den Schaden sehen, den der Arm und das Schwert eurem Körper angetan haben und dieser Schaden ist erheblich. Ihr nähert euch eurem Ende, während der Arm, wie auch das Schwert, dabei sind auch den Rest von euch zu nehmen“.

„Du lügst!“, sagte Nuada, doch dieses Mal, wirkte er selbst nicht mehr wirklich überzeugt.

Die Heilerin schüttelte traurig ihren Kopf und einmal mehr kniete sie sich vor ihn. Sie zog ihre eigene Waffe und übergab sie Nuada.

„Wenn ihr das wirklich glaubt, dann tötet mich, doch ich flehe euch an, benutzt dafür meine Waffe und nicht eure. Ich möchte euch nicht mehr Schmerzen zufügen, als ich es am heutigen Tage bereits getan habe“.

Nuada hob seine Waffe, als würde er sie damit niederstrecken wollen, doch als er tief in ihre Augen sah, stoppte er auf halbem Weg. Sie war erfüllt von Mitleid, aber nicht ihrer selbst willen, sondern seinetwegen. Er sah das gleiche Gesicht, das sich so viele, schwierige Tage um ihn gekümmert hatte und er sah die Hände, die ihn zurück ins Leben holten. So sehr er auch glauben wollte, was er zuvor gesehen hatte, so wusste er selbst, dass mit dem Handel, den er eingegangen war, irgendetwas nicht stimmen konnte. Er wollte die Wahrheit nicht glauben; die Lüge war soviel angenehmer und einfacher zu akzeptieren. Wie er es bereits in den Depths getan hatte, beschwor er wieder einmal seine Veilsicht und als sich seine Kraft um ihn herum versammelte, ließ er den Kopf traurig hängen.

„Nein. Ich kann es nicht, ich weiß, dass du Recht hast. Im Bezug auf mich….im Bezug auf diese verfluchte Waffe….ich habe erneut versagt.“

„Nein, Nuada, ihr habt nicht erneut versagt. Vielleicht gibt es noch Hoffnung für euch und unser Volk.“

Nuada wanderte alleine durch die verlassene Hauptstadt der Tuatha Dé Danann und spürte, wie seine Wut ihn innerlich fast auffraß. Er hatte seine Truppen aufgefordert vor den Stadtmauern zu bleiben und gedroht jeden zu töten, der versuchen würde, der Stadt noch mehr zu entreißen. Es war fast schon zu viel für ihn, die Zerstörung mitanzusehen, für die er selbst zum großen Teil mitverantwortlich war. Die Stadt war nicht nur leer, sie war jedem Anzeichen von Leben beraubt. Die allgegenwärtigen Schädlinge, die Städte seit Jahrhunderten plagten, fehlten auf den Straßen, ebenso wie die Insekten. Die gerühmten Wachtürme standen still und leer da, nachdem selbst ihre Wächter sie verlassen hatten; ein Verbrechen, das im strengen Kodex der Tuatha Dé Danann mit Exil oder Tod bestraft wurde. Wenn auch, wie Nuada es erwartet hatte, keine Leichen die Straßen übersäten, so waren die wenigen, die er sah, schon genug, um ihn fast schon in Raserei verfallen zu lassen. Er spürte sein Blut schon kochen. Dieses Mal wusste er jedoch, dass es der Einfluss seines Spinnenarmes und des Obsidianschwertes war, der seine Wut verstärkte und ihn dazu antrieb Bres und anderen nach dem Leben zu trachten. Die Hamadryade (er hatte immer noch vergessen nach ihrem Namen zu fragen) erklärte ihm, dass diese verfluchten Schöpfungen seine Gedanken zwar nicht bösartig machten, doch sie fokussierten jede düstere Emotion, wie ein Vergrößerungsglas die Strahlen der Sonne verstärken konnte. Sie bündelten und verfeinerten diese Emotionen bis zu dem Punkt, an dem alle anderen Gefühle verblassten. Während er von einem Teil des Zaubers befreit war, konnte Nuada die bösartigen Absichten all seiner Schätze spüren, wie ein kaltes Feuer, das durch seinen Körper zog. Kein Wunder, dass die Hamadryade die Dunkelheit in ihm erkennen konnte! Es musste offensichtlich für jeden gewesen sein, der in eine andere Ebene und vorbei am rein Physischen blicken konnte.

Als er sich dem Hauptversammlungsort der Stadt näherte, erblickte er Warnschilder und Graffiti in den Durchgangsstraßen. Es waren Verweise auf Balor, ihn selbst und auf Bres. Einige waren recht obszön und während er dem Zentrum immer näher kam, sah er eine Vielzahl an beunruhigenden Hinweisen darauf, dass er einen Ort betrat, an dem mehrere Kämpfe stattgefunden hatten. Es lagen verkohlte Leichen von Kriegern, Magiern, Heilern und Bogenschützen in den Straßen. Merkwürdig war, dass es so schien, als wären sie alle in zwei Hälften geteilt und dann verbrannt worden. Gemessen an dem Staub und anderem Geröll um sie herum müssen die Körper, Rüstungen und Waffen hier schon eine lange Zeit ungestört gelegen haben, als hätte sie nichts und niemand getraut sie zu berühren. Für die meisten fühlenden Wesen wäre dieser Anblick bereits furchterregend genug gewesen, doch für Nuada war es nur eine weitere Schuld, die er im Bezug auf Bres, Balor und seinem Volk zu begleichen hatte. Mit jedem Schritt durch die Ruinen schwor er, dass er diese Schuld eines Tages zurückzahlen würde, ganz gleich, was es ihn selbst kosten würde. Als Nuada links in eine Straße abbog, die passenderweise nach dem ersten Feuermagier des Landes benannt worden war, bemerkte er, dass jemand eine Barrikade errichtet hatte. Die Barrikade bestand aus allem was gerade zur Hand gewesen war, inklusive den verkohlten Leichen von einigen Soldaten der Tuatha Dé Danann. Er stoppte abrupt und erblickte etwas halbwegs Vertrautes, die Statue von Balor. Im Vergleich zum letzten Mal, als er die Statue gesehen hatte, war sie jedoch deutlich gewachsen, denn ihr Kopf überragte die Gebäude ringsum und das eine Auge war fest geschlossen. Die steinerne Haut war glatt und grau und die Statue sah aus, wie eine Kreatur, die mit einer hautengen Steinrüstung überzogen war und deren Körperteile kaum zu erkennen waren. Nuada stand minutenlang an der Barrikade und nahm die Veränderungen seiner Stadt und die Balors in sich auf, als er eine vertraute Berührung auf seiner Schulter spürte.

„Ich dachte mir, dass ich Euch hier finde,“ sagte die Hamadryade, „Es ist grausam, was hier angerichtet wurde, Nuada.“

„Ja. Es war alles mein Fehler, nicht wahr?“ sagte Nuada, „Ich war so verdammt von mir selbst überzeugt damals. Ich bin wie ein junger Narr und nicht wie ein wahrer Anführer in den Kampf geeilt. Als ich gegen Bres verloren hatte, verließ ich mein Volk ähnlich schnell.“

„Wenn Ihr meine Hilfe benötigt, um euren Körper zu heilen, so kann ich Euch beistehen“, sagte die Hamadryade, „doch eure Schuldgefühle sind etwas, das Ihr selbst heilen müsst. Ich kann Euch soviel sagen, dass inmitten von ehrlichen Seelen die Taten einer Person nur sehr selten so gut oder schlecht sind, wie für einen selbst.“

„Das ist beruhigend“, erwiderte Nuada.

„In eurem Fall, jedoch, hat eure Arroganz eurem Volk eine Menge gekostet“, sagte sie, „doch es ist für Euch und eurem Volk noch nicht zu spät, um einmal mehr aus den Trümmern emporzusteigen.“

„Ich verstehe. Was soll ich als nächstes tun? Ich bin verloren…“

„Schaut in Euch selbst hinein, Nuada und entscheidet, wie Ihr eurem Volk und Euch selbst am Besten dienen könnt. Ich habe diese Lande schon viel zu viele Jahre bereist, um Selbstmitleid zu fördern, auch nicht bei denen, die wirklich hart vom Schicksal getroffen worden sind. Diese ganze Welt steht genau so unter Belagerung, wie es unser Reich tut. Diejenigen, die stark genug sind, müssen zur Hilfe eilen oder wir werden alle untergehen.“

„Ich verstehe. Diese Leichen hier tragen merkwürdige Narben von den Kämpfen, die hier stattgefunden haben. Fangen wir damit an, was hier in meiner Abwesenheit geschehen ist.“

„Ihr sehr vor Euch das Teufelswerk des einäugigen Schreckens namens Balor. Als euer Volk von Bres Verrat erfuhr, griffen sie zuerst zu den Waffen und stürmten seinen Turm, ohne zu wissen, was sie dort erwartete. Als sie sich der Statue näherten, öffnete sich das Auge und ein Strahl aus schwarzem Licht entstand. Der Strahl glitt durch die Leute hindurch und teilte sie fein säuberlich in zwei Hälften, ganz ähnlich eines Schlachters, der eine Scheibe Fleisch abtrennt. Als die Leichen zu Boden fielen, fingen sie Feuer und verbrannten.“

„Wie ist so etwas möglich? Unsere Magier können mächtige Zauber beschwören, doch einen Strahl, wie dieser, liegt außerhalb ihrer Kraft, zumindest zu dem Zeitpunkt, als ich unser Land verlassen habe.“

„Die Magie hat sich sicherlich weiterentwickelt während eurer Abwesenheit, doch trotzdem war es unseren Gelehrten nach dem Studieren der Leichen nicht möglich, eine Erklärung für so eine Macht zu finden. Im Verlauf der nächsten Jahre wurden verschiedene Angriffe auf Balor gestartet, doch keiner war erfolgreich. Unglaublich viele Leben wurden hier verloren, Nuada und wir haben nur eine Sache gelernt. Wenn sich ein einzelner Krieger Balor nähert, öffnet sich sein Auge zwar, doch es gibt keinen Strahl.“

„Er lässt es zu, dass man ganz an ihn herankommt?“, fragte Nuada und war nicht nur verdutzt über Balors Macht, sondern auch über sein merkwürdiges Verhalten.

„Solange ein Wesen keine Gefahr für ihn darstellt, beobachtet Balor einfach nur. Es scheint, als würde er uns studieren, so wie wir ihn.“

„Hat irgendjemand versucht mit ihm zu reden?“

„Ja, doch er reagiert in keinster Weise. Er beobachtet einfach nur und als die Stadt noch bewohnt war, saugte er langsam die Lebenskraft aus den Kreaturen, die in der Stadt verweilten. Dies waren dunkle Zeiten für die Stadt, doch als wir realisierten, was geschah, flohen die wenigen von uns, die noch am Leben waren. Jetzt, wo jeder mit nur einem klein wenig Verstand fortgegangen ist, haben sich seine Ranken, die das Leben ausgesaugt haben, zurückgezogen.“

„Das muss ich mir selbst ansehen“, sagte Nuada mit einem Funken seiner alten Tapferkeit in der Stimme.

„Ich hatte gehofft, dass Ihr das sagen würdet. Aber seid gewarnt, jede Drohung eurerseits wird ihn erwachen lassen.“

„Ich verstehe“.

Nuada streifte sich die Rüstung ab und legte sein Obsidianschwert auf den Haufen, wobei er das Gefühl hatte, dass es immer schwieriger wurde das Schwert abzulegen. Der frühere König der Tuatha Dé Danann fühlte sich in seiner Unterwäsche sichtlich nackt, als er über die Barrikaden kletterte und sich dem Ruheplatz Balors näherte. Die Energie in der Umgebung fing an in Richtung Balors zu fließen, als hätte Nuada eine unsichtbare Grenze überschritten. Nuada schritt weiter voran, als Balor sich regte, das Auge sich langsam unaufhaltsam öffnete und Nuada in den Fokus nahm. Einen kurzen Moment lang kribbelte Nuadas rechter Arm und er spürte eine Verbindung zur Statue, doch dieses Gefühl verblasste schnell, als Nuada seinen Weg fortsetzte. Seit er die Depths verlassen hatte, kämpfte er gegen die ersten Anzeichen von Furcht an, stand schließlich vor der Statue und betrachtete sie, wie auch Balor ihn betrachtete. Mit all seinen Sinnen griff er um sich und Nuada wusste, dass Balor mehr als nur eine Statue war, doch egal wie sehr er es auch versuchte, Nuada konnte keine Verbindung zu der Intelligenz im Inneren der Statue herstellen. Er versuchte schließlich verbal mit ihr zu kommunizieren und sprach in allen Sprachen, die ihm bekannt waren, ganz gleich ob sie aus der Vergangenheit oder der Gegenwart stammten, doch Balor blieb stumm.

Während er vor der Statue stand überlegte sich Nuada, ob er diese Scharade nicht einfach beenden und die Statue angreifen sollte. Er wusste zwar, dass es töricht wäre, doch zumindest würde sein Leiden ein schnelles Ende finden. Ohne irgendwelche Rüstung oder mächtige Gegenstände wäre Nuada keine wirkliche Herausforderung für die rohe Macht Balors. Er würde als Held sterben und die Geschichten über seinen Heldenmut würden sein Volk vereinen und sie, nicht er, würden den Sieg erringen. Ja, das war es, was er tun musste; sterben. Als Nuada seinen linken Arm hob, um zuzuschlagen, kreuzte ein verirrter Gedanke, die verbundenen Linien von Wut und Verzweiflung in seinem Gehirn. Nein, dies ist der Weg eines Feiglings. Für wahr, es wäre ein schneller Tod, doch worauf es hier wirklich ankam, war die Sinnhaftigkeit des Todes. Hier zu sterben wäre nicht viel anders im Vergleich zum letzten Mal, als er sein Volk im Stich gelassen hatte. Dieses Mal jedoch wäre es für immer. Er würde seinen Gefühlen dieses Mal nicht freien Lauf lassen. Er war jetzt gerade vielleicht nicht in der Lage Balor zu besiegen, doch er schwor, dass er ganz gleich, was es kosten würde, den Preis zahlen würde, um sein Volk wieder zu vereinen. In seinen Gedanken legte er sich einen neuen Weg zurecht und so ging Nuada zurück zur Hamadryade (er muss sie nach ihrem Namen fragen, er muss!). Als er erneut eine unsichtbare Grenze zu überqueren schien, schloss sich Balors Auge, doch dieses Mal verweilte es eine kurze Weile länger auf Nuada, als das letzte Mal.

„Ich sehe, dass Ihr in einem Stück zurückgekehrt seid.“, sagte die Hamadryade mit einem leichten Lächeln auf ihren Lippen.

„Ja…doch fast wäre ich es nicht“, antwortete Nuada platt.

„Ich weiß, denn eure Gedanken waren für mich so offensichtlich, wie sie es auch für Balors Auge waren“, sagte sie, während Nuadas rechte Augenbraue als Reaktion darauf hoch zuckte, „Ich habe Euch in euren besten und schlechtesten Zeiten gesehen und ich musste nicht erst eure Gedanken lesen, um zu wissen, was Euch durch den Kopf ging. Es gehört als Heiler dazu in der Lage zu sein die Symptome von Personen lesen zu können; es ist nicht nur Magie, wie viele gerne glauben. Als Ihr mich verlassen habt, wart ihr ein Man dessen Glaube erschüttert war. Euer Leben hatte keine Bedeutung mehr. Als Ihr zurückgekehrt seid, war euer Schritt selbstbewusst und in euren Augen konnte man einmal mehr das Glühen einer wahren Bestimmung sehen. Also, sofern nicht ein neuer Zauber auf Euch geworfen wurde, kann ich nur vermuten, dass Ihr da draußen zu Euch selbst gefunden habt. Habe ich Recht?“

„Ja, das hast du. Ich weiß, was ich zu tun habe“, antwortete Nuada.

„Und das wäre?“

„Ich muss mich von diesem verfluchten Arm und den restlichen verdorbenen Schätzen aus den Depths befreien und schließlich Bres entgegentreten und ihn besiegen, um unsere Schätze zurückzuerlangen“, sagte Nuada so zuversichtlich, als hätte er gerade eine Liste von Aufgaben im Haushalt aufgezählt, die es zu erledigen gab.

„Ist das alles?“, fragte die Hamadryade.

„Für jetzt schon“, sagte Nuada.

„Hervorragend. Dabei kann ich euch helfen. Kehrt zurück zum Rest eurer Armee und wartet auf mich, ich habe einige Dinge, um die ich mich kümmern muss und dann werde ich Euch wieder aufsuchen“, sagte sie.

„Ich werde tun, worum du mich gebeten hast“, sagte Nuada, als er seine Rüstung wieder anlegte und, so sehr es auch hasste, das Schwert an sich nahm.

Als die Hamadryade sich von der Stadt entfernte, realisierte Nuada einmal mehr, dass er schon wieder vergessen hatte, sie nach ihrem Namen zu fragen.

Nuada wartete geduldig im Außenbereich der Hauptstadt der Tuatha Dé Danann. Ein Großteil seiner Armee hatte sich bereits ins Innere des Landes zurückgezogen, als sie herausfanden, dass es ihnen nicht erlaubt war, die Stadt ihrer letzten Reichtümer zu berauben. Einige loyale Tuatha Dé Danann verblieben jedoch an Nuadas Seite. Während dieser Wartezeit wappnete sich Nuada für seine anstehenden Prüfungen, denn er wusste, dass sie nicht leicht werden würden, selbst wenn er wieder völlig geheilt wäre. Er weigerte sich das Obsidianschwert hochzunehmen, wenn es nicht absolut notwendig war und jedes Mal, wenn er es doch tat, fühlte er sich schmutzig. Als fast ein Jahr vergangen war, ritt eine vertraute Gestalt in Begleitung eines jungen Handwerkers in die Stadt hinein. Die Hamadryade erreichte Nuadas Camp und stieg würdevoll von ihrem Phouka ab, während der Handwerker ihr folgte.

„Seid gegrüßt, Nuada, es ist schön Euch wiederzusehen“, sagte die Hamadryade und reichte ihm ihre Hand in aller Freundschaft und nicht zur Heilung. Nuada umklammerte ihre Hände herzlich, als würde er einen lange verlorenen Freund begrüßen.

„Es tut gut dich wiederzusehen, ich hatte mich schon gefragt, wann du zurückkehren würdest“, sagte Nuada.

„Wann, nicht ob? Ihr habt an meiner Rückkehr nicht gezweifelt?“, fragte die Hamadryade scherzhaft.

„Nein, das habe ich nicht. Wie könntest du die Gelegenheit verstreichen lassen mich erneut zusammenzuflicken?“ sagte Nuada, während die Hamadryade zu lachen begann. „Und ich sehe, du hast jemanden mitgebracht, um sich uns anzuschließen. Wer seid ihr, junger Mann?“

Als der Handwerker sich ihm näherte, erkannte Nuada, dass es ein Dvergr war.

„Ich grüße euch, Nuada. Mein vollständiger Name ist zu lang, selbst für euch, doch man kennt mich als Miach, Sohn von Dian dem Schmied. Ich vermute, dass ich auch älter bin, als Ihr es seid, sagte der Dvergr, „Mir wurde erzählt, dass ihr in den Depths gewesen und von diesem Ort mit mächtigen Artefakten zurückgekehrt seid.“

„Ja, das stimmt alles. Mein Arm ist der einer Spinne, mein Schwert wurde aus einem merkwürdigen Metall geschmiedet und es gibt einige andere Schätze, die ich mich nicht zu berühren traue“, antwortete Nuada.

„Nun, ich könnte euren Arm sehr leicht entfernen, doch ich überlasse diese Aufgabe lieber jemandem, der euch dabei deutlich weniger Schmerzen zufügen wird. Ich möchte auch euer Schwert und eure anderen Schätze studieren“, sagte Miach. „Gebt mir das Schwert und die Schätze und zeigt mir, wo die nächste Handwerksgilde ihren Sitz hat, damit ich an meine Arbeit gehen kann. Wir sprechen uns wieder, wenn ich die wahre Natur dieser Gegenstände herausgefunden habe.“

Nuada ließ die anderen Schätze zu Miach bringen, doch als er ihm das Schwert geben wollte, spürte er, dass es schwierig war, es loszulassen.

„Ihr müsst mir das Schwert überlassen, wenn Ihr wollt, dass ich es studiere, Nuada. Es wird sehr schwierig es mit dem Hammer zu bearbeiten, wenn es immer noch in eurer Hand liegt,“ sagte Miach, „doch wenn Ihr darauf besteht, ich werde es gerne versuchen. Es könnte lustig für mich werden!“

Nuada versuchte es abzulegen, doch er konnte es nicht und spürte, wie die Wut, die er das letzte Jahr über in Schach gehalten hatte, zum Vorschein kam.

„Nuada. Denkt daran, was Ihr mir gesagt habt, als wir hier gemeinsam gestanden haben“, sagte die Hamadryade sanft.

Als Nuada über ihre Worte nachdachte, fiel der Zorn langsam von ihm ab und er bemerkte, dass er nun, wenn auch widerwillig, das Schwert loslassen konnte.

„Nun. Das war durchaus eine knifflige Situation, nicht war?“ sagte Miach und lachte, als er das Schwert von Nuada entgegennahm. „Jetzt kommt der lustige Teil, zumindest für mich. Ihr habt mein Mitgefühl Nuada, denn was euch gleich widerfahren wird, lässt euch wahrscheinlich wünschen, dass ihr das Schwert nie hergegeben hättet.“

Diese Worte hallten, wie ein Echo, durch Nuadas Seele und er spürte seinen rechten Arm als Reaktion darauf kribbeln. Er schaute die Heilerin klagend an und Worte formten sich langsam auf seinen bebenden Lippen.

„Bevor Ihr irgendetwas sagt, Nuada, denkt daran, was ich von Selbstmitleid halte“, sagte sie, worauf Nuada seine Lippen unter Kontrolle brachte, ohne ein Wort gesagt zu haben, „Nun, das ist ein guter König. Lasst uns jetzt endlich euren verfluchten Arm abnehmen. Euer Zelt wird dafür völlig ausreichend sein.“

Nuada marschierte mit der Heilerin zu seinem Zelt. Als er die Plane für sie bei Seite zog, spürte er wieder ihre vertraute Berührung auf seiner Schulter. Wenn auch keine Worte gesagt wurden, so verstanden sie Beide die Bedeutung dieser Geste und Nuada fühlte sich ermutigt.

Niemand, außer Nuada und der Heilerin, wissen, was an diesem Abend geschehen war. Man weiß nur, dass die Dämmerung viel zu lange auf sich warten ließ, während die normalerweise ruhige Stadt mit den schmerzerfüllten Schreien Nuadas und überraschenderweise auch den Geräuschen eines Kampfes erfüllt war. Als die Dämmerung endlich die ersten Lichtstrahlen warf, trat die Heilerin, überhäuft mit Blut und Wundsekret, aus dem Zelt. In ihrer Hand hielt sie die spinnenartige Sinnestäuschung, die Nuadas Arm gewesen war und jetzt immer noch zuckte, als wäre sie am Leben. Die Heilerin ging zur Hauptfeuerstelle des Camps, warf es wütend hinein und fügte einen schnellen Zauber oder Gebet hinzu, als der Arm die Hitze der Flammen zu spüren begann. Nach einigen Minuten des Brennens und einem oder zwei Fluchtversuchen, hörte der Arm schließlich auf sich zu bewegen und verfiel zu Asche. Seufzend wandte sich die Heilerin wieder dem Zelt zu und setzte ihre Behandlung von Nuada fort.

Es dauerte Monate bis Nuada bei Kräften war und das Zelt alleine verlassen konnte. Doch als dieser Moment gekommen war, sah Nuada aus, wie jemand, der durch ein Tal des Leidens gegangen und noch viel stärker wieder hervorgekommen war. Auch mit nur einem Arm ähnelte er nun wieder dem alten Nuada, wobei die Torheit und Selbstüberschätzung der Jugend fehlte. Denn ihr müsst wissen, der Nuada, der nun vor seinem Volk stand, war zwar gealtert, doch er war weder gebrechlich noch schwach. Er war jemand, dessen Augen seine Bestimmung widerspiegelten, genau so, wie sein Schwertarm früher einmal seine Liebe für den Kampf widergespiegelt hat. Eines Frühlingsmorgens schließlich, als Nuada und die Heilerin ihr Frühstück zu sich nahmen, rannte Miach aufgeregt auf sie zu.

„Hört auf damit euch vollzustopfen, ich muss euch etwas zeigen. Folgt mir!“ sagte er.

Ohne auf eine Antwort zu warten, rannte er zurück zu seinem Zelt.

„Er ist ein merkwürdiger Geselle,“ sagte Nuada, was ihm einen familiären Blick der Heilerin einbrachte, die ihre Augenbraue hob und Nuada offensichtlich verspottete. „Vergiss es“, sagte er nur noch.

Nuada war überrascht, als sie Miachs Zelt betraten und es überhaupt nicht so aussah, wie er es erwartet hatte. Der Lebensraum war überhaupt nicht zugemüllt mit Werkzeugen von Miachs Handwerk. Viel mehr war alles fein säuberlich geordnet und nur wenige Dinge gaben einen Hinweis auf dessen Berufszweig. In der Mitte des Zeltes lagen auf einem riesigen Steintisch, der buchstäblich aus dem Boden gerissen worden war, drei Gegenstände; das Obsidianschwert, Nuadas altes Schwert und ein silberner Arm. Nuada war überglücklich bei diesem Anblick und so sehr seine Wut ihn normalerweise auch übermannte, dieses Mal waren sein Herz und sein Geist mit Freude erfüllt.

„Wie hast du…was sind…Ich…“, waren die Worte, die Nuada gerade noch so über die Lippen brachte.

„Ihr seid äußerst eloquent, wenn Ihr es sein wollt, nicht wahr?“, witzelte Miach, „Ihr habt wirklich eine Gabe mit Wörtern umzugehen!.

„Miach!“, sagte die Heilerin und versuchte selbst nicht auch noch zu lachen.

„Ach, er ist ein großer, erwachsener Tuatha! Er kann wohl einen Spaß verstehen, oder nicht?“, fragte Miach.

„Ja, das kann ich werter Dvergr. Ich bin erfüllt von Freude beim Anblick eurer unglaublichen, handwerklichen Leistungen. Ihr seid wahrlich ein Handwerksmeister. Ein Dvergr ohne Gleichen,“ sagte Nuada zu Miach, der dieses Kompliment zurecht annahm.

„Ein erstaunlicher Dvergr, ein mächtiger Dvergr. Ich konnte es schon sehen, als Ihr das erste Mal in unser Camp gekommen seid,“ setzte Nuada seine Lobpreisung fort.

„Vielen Dank!“, sagte Miach.

„Euer Können soll von allen Völkern dieses Reiches besungen werden. Ich werde den Rest meines Lebens damit verbringen, allen von eurer meisterlichen Arbeit zu erzählen,“ führte Nuada es mit einem Grinsen in seinem Gesicht weiter aus.

„Auch in der einzig wahren Stadt wird man euch lobpreisen. Man wird euch Lorbeeren überreichen und Euch herzliche Händedrücke dafür geben, was Ihr hier getan habt!“ blieb Nuada bei.

„Um….“, sagte Miach.

„Nein, noch viel mehr. Ich werde versuchen die Gesandten zu kontaktieren, um von eurem Können, eurer Größe, eurer…zu berichten“ fuhr Nuada fort und konnte sein Lachen kaum noch zurückhalten. Mittlerweile hatte auch die Heilerin den Witz verstanden und grinste.

„Nun…“, sagte Miach.

„Sie werden Euch in ihre Welt holen wollen, um die Geheimnisse eurer Fähigkeiten zu teilen…“, sagte Nuada.

„Genug!“, sagte Miach wütend, „Hört auf! Im Namen des Allvaters, hört auf!“

Hier verloren sowohl Nuada, als auch die Heilerin, den Rest ihrer Selbstbeherrschung und brachen in Gelächter aus. Miach, der realisierte, dass er das Opfer eines Humors war, den er Nuada gar nicht zugetraut hätte, errötete und sogar einige Steine in seinem Arm schienen aufzuleuchten.

„Sehr gut! Ihr habt mich erwischt!“, sagte Miach, fiel in ihr Gelächter ein und fügte hinzu, „Lasst mich Euch zeigen, was wir die letzten Monate über gemacht haben“.

Nuada, durchaus zufrieden den Handwerksmeister übertroffen zu haben, setzte sich auf einen ungemütlichen Steinstuhl neben dem Tisch, der ganz offensichtlich für ihn dort platziert worden war.

„Zuerst, habe ich euer Schwert, das Ihr hier herumliegen hattet, wiederhergestellt,“ sagte Miach, als wäre es so einfach gewesen, dass es jeder hätte tun können. „Es ist genauso, wie es war, keinesfalls schlechter und vielleicht sogar etwas besser. Ich weiß, dass es Euch sehr gute Dienste leisten wird. Hebt es hoch.“

Immer noch nicht bei vollen Kräften, stand Nuada behutsam aber auch ein wenig wackelig vom Stuhl auf und ergriff das Schwert. Es fühlte sich in seiner linken Hand Fehl am Platze an, doch er konnte sich immer noch daran erinnern, wie sich das Schwert generell anfühlte und das war wunderbar. Er nickte Miach zu, um seine Anerkennung für die hervorragende Arbeit zu zeigen.

„Als nächstes habe ich einen neuen Arm aus Silber für Euch hergestellt“, fuhr der Handwerker fort, „Im Gegensatz zu eurem letzten Arm, wird dieser hier nicht versuchen eure Seele zu vergiften. Das Silber im Metall wurde mit mächtigen Zaubern unserer freundlichen Heilerin versehen und sie hat mit versichert, dass es sich wunderbar an euren Körper anpassen wird. Sobald dies geschehen ist, wird er sich vielleicht ein wenig anders, als euer natürlicher Arm anfühlen, doch er wird Euch noch viel besser dienen, sobald Ihr ihn trainiert.“

„Ihn trainieren?“, fragte Nuada, „Ist er am Leben?“

„Nicht wirklich, aber Ihr solltet damit wirklich eine Weile üben, bevor Ihr in die Welt hinauszieht und damit kämpft“, sagte Miach.

„Wie lange wird das dauern?“ fragte Nuada.

„Fünfzehn Jahre“, sagte Miach. „Vierzehneinhalb, wenn ich das Verfahren abkürze“.

„Wie bitte?“ sagte ein deutlich verärgerter Nuada.

„Erwischt!“ sagte Miach, „Legt Euch niemals mit einem Dvergr an, wenn es um Humor geht!“

„Oh“, sagte Nuada und senkte spöttelnd den Kopf vor Scham, „Nein, wirklich, wie lange?“

„Nicht mehr als drei Monate, wenn Ihr eifrig daran arbeitet und tut, was ich Euch sage“, erwiderte Miach, „Und das bedeutet Euch auszuruhen, wenn einer von uns das sagt.“

„Ich akzeptiere es und werde tun, was ihr sagt“, antwortete Nuada.

„Gut. Das hier war nun tatsächlich eine Herausforderung. Euer verfluchtes Schwert“, sagte Miach und fügte offen hinzu, „Es war wirklich eine teuflische Arbeit.“

„Wie das?“ fragte Nuada.

„Wer auch immer dieses Schwert gemacht hat, war ein legendärer Meisterschmied. Verrückt und bösartig, aber sein Talent ist unbestreitbar. Dieses Schwert wurde gemacht, um eure Seele und die Energie eurer Opfer auszusaugen und sie woanders hinzuleiten“, sagte Miach mit einem Frösteln in seiner Stimme.

„Wohin hinzuleiten?“ fragte Nuada.

„Könnt Ihr euch das nicht denken?“ sagte die Heilerin.

„Die Depths!“ sagte Nuada.

„Korrekt,“ antwortete Miach, „Während Ihr dieses Schwert benutzt habt, wurde das, was es gesammelt hat, zu den Depths weitergeleitet. Das ist der Grund, weshalb Ihr gealtert seid und am Ende so schwach wart.“

„Ich habe mich nicht schwach gefühlt?“ fragte Nuada.

„Nein, das war ja ein Teil des Teufelswerks. Ihr hättet euch stark gefühlt, bis zu dem Punkt an dem eure Seele völlig ausgesaugt worden und ihr einfach gestorben wäret. Eine leere Hülle ohne eine Seele darin,“ sagte Miach.

Ein Schreckensschauder überkam Nuada, als ihm klar wurde, wie nahe er dem Tode wirklich gekommen war und welches Verbrechen, der Händler an ihm begangen hatte. Er fragte sich auch, was mit der Macht geschah, die in die Depths hineingeleitet worden war.

„Und was ist jetzt?“ fragte Nuada, „Was sollen wir mit der Waffe machen?“

„Gar nichts,“ antwortete Miach, „Ich habe sie unschädlich gemacht. Ich werde sie weiterhin studieren und versuchen noch mehr Geheimnisse zu entschlüsseln, doch sie wird niemals wieder jemandem Leid zufügen, soviel kann ich versprechen,“

„Das ist gut“, erwiderte Nuada.

„Nun, dann lasst uns an die Arbeit gehen,“ sagte Miach mit einem breiten Grinsen in seinem Gesicht, „Wir haben noch einiges vor uns, wenn Ihr der Erlöser eures Volkes werden sollt.“

„Ich bin kein Erlöser“, sagte Nuada, „Aber ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um den Schaden, den ich angerichtet habe, wieder rückgängig zu machen.“

Und so begannen sie mit ihrer Arbeit. Und wenn sie sich sicher war, dass weder Miach noch Nuada sie sahen, lächelte die Hamadryade.

Doch tief in den Depths, da lachte der Händler nicht mehr…..

Die nächsten Monate über trainierte Nuada täglich mit seinem neuen Silberarm. Zuerst war das Training sehr anstrengend und er musste einigen Spott von Miach ertragen. Doch mit dem sanften Support der Heilerin und seiner legendären Hingabe, die er langsam zurückgewann, machte Nuada konstant Fortschritte. Als er sich absolut sicher war, dass sein Arm nicht bösartig war und einfach abfallen würde, fing Nuada an sich selbst bis ans Limit zu treiben, so wie er es in früheren Tagen getan hatte. Er bemerkte, dass seine Reflexe, Schnelligkeit und Kraft nicht mehr wie früher waren; doch er war immer noch ein furchteinflößender Anblick, selbst beim Training. Während Nuada mit anderen Krieger den Kampf trainierte, schienen sie sich alle langsamer zu bewegen und zu reagieren, als er es tat. Seine Gegner kämpften vielleicht gut, doch Nuadas Aktionen flogen nahezu von Einem zum Anderen, als wären sie Teil eines rhythmischen Tanzrituals. Nuada wirkte einmal mehr, wie ein Wesen, das zum Kampf geboren war und nicht nur wie jemand, der aufgrund von ständigem Training herausragte. Jeder Schlag, jedes Blocken oder Parieren schien mühelos und sein Silberarm bewegte sich so geschmeidig, wie es der natürliche Arm tat. Nach drei vollen Monaten erklärte Miach, dass Nuada tatsächlich bereit war, um wieder in die Welt hinauszuziehen.

So sehr Nuada auch in die Depths zurückkehren wollte, so sehr wusste er, dass er auch noch andere Aufgaben zu bewältigen hatte. Im Verlauf der nächsten Jahre reisten Nuada, Miach und die Heilerin durch die Lande der Tuatha Dé Danann und suchten nach den verstreuten Kindern der Danu. Wenn auch sie an der Spitze einer Armee standen, so war dies keine Armee der Eroberung, sondern der Wiederherstellung. Wann immer sie Leute fanden, die unterdrückt wurden, griffen sie ein und stellten die Balance wieder her. Wenn jemand etwas brauchte, teilten sie ihre Vorräte mit ihnen. Wo sie Wohlstand fanden, nahmen sie, was sie selbst benötigen, doch nicht in Form von Ressourcen sondern in Form von Wissen. Während sie weiterreisten, wuchs ihre Armee ständig. Viele Tuatha Dé Danann scharten sich um ihre Banner und jubelten der großartigen goldenen Rüstung zu, die Miach mysteriöserweise irgendwie unterwegs geschmiedet hatte. Überall, wo sie vorbeikamen, suchten sie nach Neuigkeiten von Bres, doch niemand konnte ihnen sagen, wo er Zuflucht gefunden hatte. Sie folgten jedem Gerücht, Hinweis oder Hörensagen und suchten einen Großteil des Landes ab, doch es schien, als wäre er vom Erdboden verschluckt worden. Sie schickten Reiter zur einzig wahren Stadt und zu anderen Hauptstädten der Welt, doch selbst dann konnten sie keine Hinweise zu Bres oder den Schätzen ihres Volkes finden. Während Nuada und seine bunt gemischte Armee erfolgreich das Land wiederherstellten, wurde Nuada langsam frustriert, weil Bres es weiterhin schaffte, sich vor ihm zu verbergen. An einem kühlen Sommerabend saß Nuada mit Miach und der Heilerin, die Beide ständig an seiner Seite waren, an einem knisternden Lagerfeuer.

„Du siehst heute besonders betrübt aus, Nuada,“ sagte Miach, „Haben die Cait Sith deine Zunge erwischt?“

Nuada, mittlerweile gewöhnt an den besonders anstrengenden Humor des Handwerkers, schluckte den Köder nicht, zumindest nicht sofort. Doch das Bild von einer der Art und Weisen, wie die Cait Sith angeblich mit Verrat umgingen, ging ihm nicht aus den Kopf, ganz so, wie es Miach geplant hatte.

„Ja, ich bin heute nicht in der Lage einen vollständigen Satz zu formen,“ sagte Nuada trocken.

„Immer noch nachdenklich, weil Bres sich versteckt hält?“ fragte Miach, „Er kann sich nicht auf ewig vor uns verbergen.“

„Wir haben aber nicht ewig Zeit,“ konterte Nuada, „Wir sollten hier nicht unsere Zeit verplempern.“

„Ich weiß nicht,“ sagte Miach, „Vielleicht würde etwas trödeln dich mal ein wenig lockerer machen.“

„Du nerviger, mit Steinen vollgestopfter…“, sagte Nuada wütend, als sein altes, angespanntes Temperament wieder aufflammte, „Warte. Es tut mir Leid, Miach, wirklich. Die Tatsache, dass Bres sich so lange vor uns verstecken konnte, fängt langsam an an meinen Nerven zu zehren.“

„Langsam? Du bist hier seit Monaten herum gestampft,“ sagte Miach,“Einige meiner Verwandten in Unterheim können dich wahrscheinlich hören.“

„War es so schlimm?“ fragte Nuada und blickte zur Heilerin, in der Hoffnung Zuspruch zu bekommen.

„Du warst…schwierig die letzten beiden Jahreszeiten über. Deine Reise war bisher beschwerlich, doch es ist immer noch deine Reise, die du selbst zu Ende zu bringen hast, ganz gleich, wie lange es dauert. Miach und ich sind hier, um dir zu helfen, doch du bist für den Erfolg verantwortlich,“ sagte die Heilerin ohne ihm Vorwürfe zu machen.

„Ich weiß. Egal, was ich versuche, um ihn finden, es klappt nicht. Ich habe genug Reiter losgeschickt, um einen winzigen Luchorpán in einem riesigen Wald zu finden, doch diese eine verdammte Seele finde ich nicht“, sage ein sichtlich aufgeregter Nuada.

Nuada war erstaunt, als seine Freunde ihm nicht, wie erwartet, widersprachen. Das verwirrte ihn. Es verwirrte ihn auch weiterhin, als er zu seinem Zelt stapfte, um dort aufgebracht den Rest des Abends zu verbringen.

Bevor die Mondphase, bekannt als Schattenwonne, vorüber war, wachte Nuada plötzlich auf. Er machte sich nicht einmal die Mühe sich anzuziehen, rannte aus seinem Zelt und hinüber zur Heilerin, die, zu seiner Überraschung, ganz offensichtlich auf ihn wartete.

„Verflucht nochmal,“ sagte Nuada, „Ich weiß genau, wo Bres sich versteckt hält.“

Verlegen aufgrund von Nuadas Nacktheit, hob die Hamadryade lediglich eine Augenbraue.

„Diese Abscheulichkeit versteckt sich an dem einzigen Ort, an dem er sich verstecken kann,“ sagte Nuada.

„Und das wäre?“ fragte die Heilerin.

„Die Depths!“ sagte Nuada triumphierend.

„Es hat aber auch lange genug gedauert, bis du das herausgefunden hast,“ sagte die Heilerin recht trocken.

„Warte mal. Du wusstest das bereits?“ fragte Nuada.

„Ja. Nun zieh deine Hosen an, denn nicht jeder wird froh darüber sein dich so….aufgeregt zu sehen. Ruf die Armee zusammen und lass uns losgehen, wir haben bereits genug Zeit vergeudet,“ sagte sie.

Verwirrt, überrascht und ja, aufgeregt, rannte Nuada zurück zu seinem Zelt, zog seine Hosen an und ließ die Armee zusammentrommeln. Sobald sie versammelt war, begannen sie ihren langen Marsch zum letzten bekannten Eingang der Depths.

Die Reise sollte eigentlich Wochen dauern, doch ein volles Jahr verging, bevor Nuada an einem anderen Eingang der Depths ankam, nachdem der, den Nuada das letzte Mal benutzt hatte, in seiner Abwesenheit verschwunden war. Während dieses Jahres hatte er den Großteil der Armee aufgelöst, die Leute zu ihren Familien zurückgeschickt und mit elf Gefährten die Suche nach dem Eingang der Depths fortgesetzt. Ihre Reise war mehr als nur anstrengend, doch darüber wird in einer anderen Geschichte berichtet. Der Eingang lag dieses Mal nicht in der Nähe eines Sees, sondern inmitten eines grünen Hügels im Land der Arturier. Wie passend, dass er die Depths von dem Land aus erneut betreten würde, aus dem Nimue stammte, dachte sich Nuada. Seine Gedanken kreisten um sie, aber nicht auf unerfreuliche Weise. Er hoffte, dass er sie dort nicht finden würde und falls doch, dass sie tot sei. Alles andere wäre zu entsetzlich, um darüber nachzudenken.

Als er erneut vor dem Monolithen stand, wandte sich Nuada der Heilerin zu.

„Ich nehme an, dass dies der Zeitpunkt ist, an dem du mir von meinem Schicksal erzählst und dass ich alleine dort hineingehen muss. Korrekt?“ sagte Nuada.

„Ich kann das durchaus sagen, wenn du es willst, doch ich dachte mir, dass es besser wäre, wenn wir alle zusammen hineingehen,“ erwiderte sie, „Doch wenn du die Rolle des legendären…“

„Kanonenfutter“, unterbrach Miach.

„Helden einnehmen willst, dann werden wir hier draußen auf dich warten. Ich habe kein großes Interesse daran, diesen Ort noch einmal aufzusuchen,“ sagte die Heilerin.

„Noch einmal? Du warst schon mal da?“, fragte Nuada

Sie winkte nur ab und aus früheren Erfahrungen wusste Nuada, dass das etwas war, worüber sie nicht mit ihm reden würde, schon gar nicht jetzt. Es gab viele weitere Dinge in ihrem Leben, über die ebenfalls nicht geredet wurde.

„Sollen wir reingehen und Bres suchen?“ sagte Nuada.

„Ich habe Vorrecht auf alle Schmieden, die wir finden. Ich kann kaum abwarten, was aus solch interessanten…eh, ich meine, abscheulichen Dingen rauskommt!“ sagte Miach.

Mit einem kollektiven Seufzen marschierte das Dutzend müder und schmutziger Helden und Heldinnen auf den Monolithen zu und betrat die Depths.

Der Monolith führte sie zu einem anderen Eingang im Vergleich zum letzten Mal, als Nuada dort war. Nach einem kurzen Moment des Orientierungsverlustes fand sich die Gruppe vor einigen schwarzen, glänzenden Türen wieder, die mit verschiedenen Abbildungen von gequälten Frauen verziert waren. Die Abbildungen waren unglaublich abscheulich und selbst die Heilerin war bei diesem Anblick sprachlos und bestürzt. Alle, die vor den Türen standen, fühlten sich aufgeschreckt und erzürnt aufgrund der Bilder vor ihnen; doch niemand war es so sehr, wie Nuada, der realisierte, dass alle diese Abbildungen Nimue darstellten. Die Situation wurde noch viel schlimmer, als sie sich den Türen näherten und die Darstellungen zum Leben erwachten, so dass sich die Frauen bewegten und vor Leid und Qualen hin- und herwindeten. Niemand wollte die Türen berühren und als Nuada es versuchte, als er fast nahe genug dran war, um sie zu berühren, stöhnten alle Frauen schmerzerfüllt ein einziges Wort, „Nuada“. Als sie das hörten, drehte sich die ganze Gruppe zu Nuada um.

„Was ist hier geschehen?“ fragte Miach, „Was hast du ihr angetan?“

„Nichts! Wir waren dabei uns raus zu kämpfen und als sie dem Tode nahe war, opferte sie ihr Leben, um mich zu retten, „antwortete Nuada wütend, „Sie ließ mir keine Wahl. Sie zwang mich dazu, sie zurückzulassen.“

„Zwang? Wie? Großer, mutiger Tuatha wurde von einer nackten, magisch erschöpften Frau dazu gezwungen zu gehen?“ sagte Miach.

„Sie war zu diesem Zeitpunkt nicht nackt. Und ja, sie opferte sich für mich und ich habe jeden Tag meines verdammten Lebens über dieses Opfer nachgedacht. Ich wollte ihretwegen zurückkehren, doch ich konnte es nicht,“ sagte er.

„Konntest du nicht oder wolltest du nicht, Nuada,“ sagte die Heilerin sanft.

„Konnt..Nein, wollte nicht. Sie bat mich zu gehen, doch ich hätte es ablehnen oder früher zurückkommen können. Nein, ich hätte früher zurückkehren müssen! Anstatt eine Armee aufzustellen und unsere Hauptstadt zu belagern, hätte ich diesen verfluchten Ort stürmen sollen,“ sagte Nuada.

Als sich Nuada dieses Mal der Tür näherte, fiel er auf die Knie. Alle von den unechten Nimues stoppten ihr Wehklagen und starrten ihn an.

„Vergib mir, Nimue. Ich hätte früher zurückkehren müssen. Und wenn du mir nicht vergeben kannst, dann nimm mein Leben und lass meine Gefährten das tun, wofür sie gekommen sind. Ich flehe dich an,“ sagte er.

Als Nuada fertig war, gab es keine Bewegungen und kein Jammern mehr auf den Türen. Nuada erhob sich und stieß sie vorsichtig auf. Wie schon beim letzten Mal glitten sie leise über den Steinboden.

Was im Bezug auf die Depths ganz sicher ist, ist, dass nichts sicher ist, dachte sich Nuada. Wobei er durchaus Ähnlichkeiten im Vergleich zu seinem letzten Besuch sehen konnte. Überall um ihn herum waren Leben und Tod miteinander verschmolzen, ein unglaubliches und furchterregendes Bild des Schreckens. Die Wände, der Boden und die Decke waren blutrot und übersät mit Körperteilen von ehemals lebendigen Kreaturen, die nun zerteilt und verteilt waren. Köpfe ragten aus Wänden hervor, wie eine groteske Parodie der Art und Weise, wie Jäger ihre Trophäen aufhängen. Einige der Wände ähnelten einem Puzzle von Körperteilen, die man zusammensetzen konnte, um ein ganzes Wesen zu erschaffen. Merkwürdig erschien auch die Tatsache, dass der Raum sich offenbar in einem bestimmten Rhythmus leicht ausdehnte und wieder zusammenzog. Zuerst dachte Nuada, dass sie sich vielleicht im Magen einer gigantischen Kreatur befanden, doch er wusste es besser. Als sie weiter durch den Raum gingen stoppte der Atemrhythmus (wie sollte sie es sonst nennen?) plötzlich.

„Ich glaube nicht, dass das ein gutes Zeichen ist. Bleibt in Bewegung,“ sagte Nuada.

„Ich stimme zu,“ sagte Miach, „Wie einer unserer Hirten sagen würde: Lasst uns die Herde hier raus bringen.“

Die Gefährten beschleunigten ihren Schritt und rannten durch die Kammer, während sie einem Pfad folgten, der aufgrund von Blut und Sekret kaum sichtbar war. Als sie sich dem Ende der Kammer näherten, fing das Atmen wieder an und im gleichen Moment öffnete sich die Decke, wo eine Flutwelle an Blut und Gedärmen von oben herabfiel. Übersät mit Eingeweiden waren sich die Gefährten zuerst nicht sicher, ob sie darüber lachen oder angewidert sein sollten, bis sie schließlich bemerkten, dass in dem Blut kleine Kreaturen waren, die wie Blutegel aussahen, nur viel viel größer. Während sie die Kreaturen eilig abzupften, bemerkten sie auch, dass diese spitze Zähne hatten und jede Kreatur riss ein Stück Fleisch mit sich. Abgesehen von zwei Gruppenmitgliedern ignorierten alle den Schmerz und den Horror und entfernten die verdorbenen Kreaturen. Die Beiden, die das nicht getan taten, fanden schnell heraus, dass die Kreaturen noch eine weitere Überraschung für sie parat hielten. Im Gegensatz zu Blutegeln waren diese Viecher nicht nur an Blut interessiert; sie wollten laichen. Sie legten Eier in ihren Opfern. Während sie das taten, schrumpften die Blutegel, wonach abscheuliche Larven in den unglücklichen Gefährten platziert worden waren. Bevor alle realisiert hatten, was passiert war, fingen die hungrigen Larven auch schon an die Beiden von innen aufzufressen. Innerhalb von wenigen Momenten waren sie völlig verschlungen, nur noch Reste von ihnen hingen zwischen ihren Rüstungen. Gesättigt, fett und zufrieden fielen die Kreaturen zu Boden und stellten keine Bedrohung mehr dar, als der Rest der Gruppe aus dem Raum floh.

Als sie der entsetzlichen Szenerie entflohen, realisierte Nuada, dass er wieder an dem Amboss stand, den er vor langer Zeit schon einmal gesehen hatte. Miach war begeistert davon und eilte hinüber, ungeduldig seine Theorien auszutesten. Bevor Nuada eine Warnung aussprechen konnte, stand Miach auch schon vor dem Amboss und inspizierte ihn von allen Seiten. Glücklicherweise gab es dieses Mal keine Kreatur, die auf sie wartete. Fröhlich Selbstgespräche führend, fing Miach an die Schmiede mit seinen Instrumenten zu testen, sowohl magisch als auch profan.

„Das ist großartig! So aufregend! Diese Schmiede hat Eigenschaften, die ich noch nirgendwo anders auf dieser Welt gesehen habe! Ich könnte glücklich und zufrieden Jahrzehnte damit verbringen dieses Schmuckstück zu studieren,“ sagte Miach und gab dem Metallbrocken einen herzlichen Klaps.

„Wir müssen weiter“, sagte Nuada, „Wir werden zurückkommen, sobald wir unsere Aufgabe erledigt haben.“

„Nuada, ich bin ein Handwerker und kein Kämpfer. Ich kann deinen Arm trainieren und vielleicht ein paar Sparringkämpfe mitmachen, doch in einem echten Kampf bin ich so hilfreich, wie eine wütende Walküre in einem Bordell. Lass mich mit einem der Krieger zurück und das tun, was ich am Besten kann, „sagte Miach.

„Ich denke, du hast Recht,“ antwortete Nuada.

„Gut, ich werde den anderen Dvergr bitten, bei mir zu bleiben. Er besitzt ein feines rotes Schild an dem ich arbeiten kann,“ sagte Miach.

Während Nuada mit dem Rest seiner Gefährten dem Pfad folgte, sah er Miach noch einmal hinterher und hoffte, dass dies nicht das letzte Mal war, das er den verrückt-machenden Dvergr sah.

„Miach,“ sagte Nuada, als sich dieser ihm zuwandte, „Pass auf dich auf.“

„Och, wie süß,“ erwiderte Miach auf seine spöttische Weise, „Du auch.“

Nuada ließ die Schmiede und die Dvergar hinter sich und folgte weiterhin einem Pfad, von dem aus man etwas überblicken konnte, das am ehesten als ein gigantischer, offener Mund mit einer Reihe von übel aussehenden Zähnen drumherum beschrieben werden konnte. Nuada zog einmal mehr das Tempo an und wollte nicht weiter darüber nachdenken, was wohl passieren würde, wenn jemand in den Mund hineinfiele. Als sie den Mund bereits zur Hälfte überquert hatten, weitete sich der Pfad plötzlich und der Steinboden war mit einem weichen, lila Teppich überzogen. Als sie ihren Weg fortsetzten, konnten sie in der Ferne einen gigantischen, goldenen Thron sehen. Näher am Thron angekommen, erkannten sie, dass Bres darauf saß.

Nuada fühlte sofort eine überwältigende Wut in sich aufkommen, als er Bres sah. Er zog sein Schwert und eilte zum Thron, ohne auf die warnenden Rufe seiner Gefährten oder inneren Stimme zu hören. Als er sich ihm näherte, überkamen Nuada die Gedanken an all die Verluste und den Schmerz, die er aufgrund von Bres ertragen musste. Er dachte an Nimue, Johann, Tír na nÓg, seinen Arm und Balor. Nuada schwang sein Schwert wild umher und bereitete sich auf einen Todesstoß vor, als er bemerkte, dass Bres in keinster Weise darauf reagiert hatte, was um ihn herum passierte. Niemand konnte im Anblick des Todes so ruhig bleiben, dachte Nuada! Kurz vor dem Thron stoppte Nuada, hob sein Schwert, während sein Arm vor Aufregung leicht zitterte und hielt das Schwert an Bres Hals, bereit für den Todesschlag.

„Für all die Tode, die du zu verantworten hast, jetzt ist deine Zeit gekommen“, sagte Nuada.

Noch immer kam von Bres keine Reaktion.

„Sag etwas“, erwiderte Nuada sichtlich frustriert und hielt sein Schwert immer noch hoch.

Keine Reaktion.

„Irgendetwas“

Immer noch nichts.

„Nuada, du darfst es nicht“, sagte die Heilerin, die ihn gerade erreicht hatte.

„Ist er tot?“ fragte Nuada.

„Nein. Er ist am Leben. Sieh dir den Zeigefinger seiner rechten Hand an“ sagte die Heilerin.

Zuerst konnte Nuada nichts erkennen, doch nach fast einer Minute, erkannte Nuada, dass Bres Finger sich nahezu unmerklich bewegte.

„Was geht hier vor?“ fragte Nuada.

„Ich spüre, dass Bres hier ist und es gleichzeitig doch nicht ist“, sagte die Heilerin, „Er ist auch noch an einem anderen Ort innerhalb dieses Ortes. Eine andere Existenzblase, wenn du es so willst.“

„Ich habe keine Ahnung, wovon du da redest,“ erwiderte Nuada verwirrt.

„Ich bin mir nicht sicher, ob ich das überhaupt selbst habe. Ich weiß nur, dass egal, wo er gerade ist, er etwas völlig anderes erlebt, als wir es hier gerade tun,“ sagte die Heilerin, „Ich bin sehr unsicher, was hier gerade vor sich geht.“

„Dann lasst mich eure Verwirrung einmal aufklären,“ sagte eine Stimme, die viel zu vertraut für Nuada war.

Als sich die Gefährten in Richtung der Stimme umdrehten, sahen sie die Person, die Nuada als Händler bezeichnet hatte, aus einem versteckten Durchgang hinter dem Thron hervorkommen. Als er den Händler sah, fing Nuadas Blut an zu kochen und er wollte, nein, er musste etwas töten, egal was.

„Nana, Nuada, beruhige dich. Ich bin mir sicher, dass du seit Jahren davon geträumt hast mich zu töten und selbst jetzt stellst du dir meinen Tod vor, doch hör mir erst mal zu. Ich kann alles erklären. Ich kann dir sogar zeigen, wo deine Freunde Johann und Nimue sind und ja, bevor du fragst, sie sind am Leben und es geht ihnen eigentlich ganz gut.“, sagte der Händler.

„Lass ihn ausreden,“ sagte die Heilerin sanft.

„Vielen Dank. Erstens lagst du völlig richtig, Bres befindet sich in einer anderen Zeit. Er ist hergekommen und hat darum gebeten seinen größten Wunsch erfüllt zu bekommen. Er wollte für immer auf dem Thron der Tuatha Dé Danann sitzen. Und das ist es, was er jetzt gerade tut. Solange, wie diese Welt überlebt, wird Bres auf seinem Thron sitzen,“ sagte der Händler.

„Ungeheuerlich!“, sagte Nuada.

„Nicht wirklich. Bres hat mir seinen Wunsch dargelegt und wir haben es möglich gemacht. Das Gleiche trifft auch auf dich zu, Nuada. Wir haben lediglich deine Wünsche wahrgemacht,“ konterte der Händler.

„Ich habe niemals gesagt, dass ich einen verdammten Spinnenarm wollte. Dieses widerliche Ding hat mir das Leben ausgesaugt!“ sagte Nuada.

„Das stimmt, doch du hast auch niemals gesagt, dass es dich interessiert, wie deine Ziele erreicht werden. Ich war sehr stolz auf die Arbeit, die wir mit deinem Arm vollbracht haben. Es ist eine Schande, dass er nicht mehr angebracht ist, denn du warst so hilfreich für ihn und somit auch für uns,“ sagte der Händler.

„Euch?“ fragte die Heilerin.

„Natürlich. Die Depths sind ein ‘wir’ und kein ‘es’“, sagte der Händler, „Bres ist nun ein Teil von uns, genau so, wie es Nuada eine Weile gewesen ist. Die Kraft, die das Schwert von seinen Opfern ausgesaugt hat, wurde hier sinnvoll verwendet. Uns geht es unglaublich gut jetzt.“

Die Gefährten wussten nicht wirklich, wie sie auf die Worte der Händler-Kreatur reagieren sollten und standen einfach nur da und starrten sie an.

„Gut, wenn es nichts hinzuzufügen gibt, dann lasst uns weitermachen. Ich möchte Nuada wieder mit seinen Freunden vereinen, sie warten den Pfad dort entlang,“ sagte der Händler, der umgehend anfing dem Weg hinter dem Thron zu folgen.

„Ich habe kein gutes Gefühl dabei,“ sagte Nuada zu der Heilerin.

„Miach hatte Recht, du hast wirklich eine Tendenz dazu das Offensichtliche festzustellen,“ sagte die Heilerin, „Bereite dich auf das Schlimmste vor, Nuada.“

Nachdem sie dem Pfad gefolgt waren, kamen sie zu einen Raum, der sowohl Kälte als auch Wärme gleichzeitig auszustrahlen schien. Die Tür zu diesem Raum war, im Gegensatz zu den anderen, die sie gesehen hatten, einfach gehalten und schmucklos. Als der Händler sich der Tür zwanglos näherte, öffnete sie sich von unten nach oben und war dabei natürlich geräuschlos, wie immer. Allesamt betraten sie den Raum und waren sofort überwältigt von dem Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte. Der Raum roch moschusartig und gleichzeitig auch etwas mechanisch. Es war überhaupt keine angenehme Kombination.

„Erleuchte!“ sagte der Händler.

Sofort erfüllte ein helles, weißes Licht den Raum und blendete die Gefährten kurzfristig. Auch andere Kreaturen im Raum waren nicht sehr erfreut über diese Aktion, denn es gab Schmerzensschreie, die auch in einer Kinderkrippe nicht fehl am Platze gewesen wären. Als sich seine Augen erholt hatten, realisierte Nuada, dass der Händler Recht gehabt hatte; Johann und Nimue waren tatsächlich am Leben! Beide hätten es sich wohl allerdings sicher anders gewünscht, denn sie waren nackt und mit allen Vieren gespreizt an einem dreizackigen Stern aufgehängt. Sie hatten monströse Röhren in ihrem Mund und sie waren durch lebendige Kreaturen an den Stern gefesselt, deren Berührungen die Beiden vor Schmerzen aufstöhnen ließen. Johanns Haut war übersät mit etwas, das aussah wie Pusteln, die sich erweiterten und wieder zusammenzogen. Zu Nuadas Schrecken platzte eine dieser Pusteln auf und eine kleine Kreatur, halb Dvergr, halb Abscheulichkeit, fiel mit einem dumpfen Aufschlag zu Boden. Die Kreatur reagierte, wie ein Neugeborenes es würde und schrie; ein fürchterliches Geräusch, das jeden, der es hörte, für immer verfolgen würde. Der Händler ging zu dem Baby, nahm es in seine Arme und schaukelte es, wie eine Mutter ihr Kind schaukeln würde.

„Sehr ihr, wie süß der Kleine ist?“ sagte der Händler, „Er wird unser zu Hause wundervoll ergänzen.“

Wie vom Blitz getroffen, bemerkten die Gefährten, dass auch Nimue dabei war etwas zu gebären, allerdings auf die gleiche Weise, wie die meisten weiblichen Wesen dieser Welt. Ihr angeschwollener Bauch fing an sich zusammenzuziehen, während sie die Schmerzen einer Geburt erlitt. Das Baby wurde sofort aus ihrer Gebärmutter gesaugt und in eine Art Brutkasten transportiert, der ebenfalls an ihren Körper verbunden war. Sofort nachdem das Baby geboren war, schwoll ihr Bauch wieder an, als wäre sie erneut schwanger. Nuada konnte es nicht mehr ertragen und stürzte sich auf den Händler.

„Mein Lieber, bist du verärgert?“ fragte der Händler, „Zu schade, ich dachte, du wärest stolz darauf, was du mit aufgebaut hast. Ich war gerade dabei dir den besten Teil zu erzählen. Wir haben uns dazu entschlossen, dass du für immer mit Johann und Nimue zusammen sein wirst. Nachdem ich sie studiert habe, dachte ich mir, dass es interessant wäre, euch drei zu kreuzen. Würde dir das nicht gefallen?“

Als das letzte Wort die Lippen des Händlers verlassen hatte, schwang Nuada sein Schwert und trennte fein säuberlich den Kopf des Händlers vom Körper ab.

„Nein, das würde es nicht,“ antwortete Nuada, als der Kopf, gefolgt vom Körper, zu Boden fiel. Die neugeborene Kreatur, die der Händler im Arm gehalten hatte, purzelte über den Boden und verschwand an einen unbekannten Ort, „Jetzt lasst uns sie befreien und diesen fürchterlichen Ort verlassen.“

Auf sein Wort hin gingen seine Gefährten auf Johann und Nimue zu.

„Du hast nicht wirklich gedacht, dass es so leicht werden würde, oder?“ fragte der Händler.

Umgehend drehten sich alle zu dem Händler um und sahen wie er aufstand, während ihm ein neuer Kopf wuchs.

„Immerhin ist dies hier kein Märchen oder Volkserzählung,“ sagte der Händler und schüttelte seine neuen Kopf, „Dies ist unsere Welt und ihr seid Narren, dass ihr zurückgekehrt seid, doch wir danken euch dafür. Wir haben unzählige Jahrzehnte Zeit, um diejenigen von euch kennenzulernen, die überleben werden. Ich bin so froh, dass du deine Freunde mitgebracht hast, Nuada. Es gibt eine Menge interessante Kombinationen für uns zum Ausprobieren.“

Der Händler schnappte mit seinen Fingern und sofort war der Raum gefüllt von älteren Versionen der Kreaturen, deren Geburt die Gefährten gerade mitangesehen hatten.

„Versucht sie am Leben zu lassen, meine Lieben“, sagte der Händler zu den Kreaturen, „Besonders den großen Dummkopf.“

So begann der Kampf zwischen den lebendigen Schreckensgestalten und Nuada mitsamt seiner Gefährten.

Während sie im Entbindungsraum standen und umringt waren von Kreaturen, bei denen selbst ein Alptraum Alpträume kriegen würde, war sich Nuada eines sicher, er würde nicht erneut jemanden enttäuschen und im Stich lassen. Er starrte den Händler an und sein Blick durchstieß, was dessen Seele sein musste, so wie der Siegesspeer Fleisch durchbohren konnte. Der Speer war einer von vier Schätzen, die Nuada zurückerobern wollte. In den seelenlosen Augen des Händlers sah Nuada zum ersten Mal einen Funken des Zögerns, während sich Zweifel im Gesicht des Händlers breitmachte. Es war nicht viel, doch es war genug, um Nuada zu versichern, dass er und seine Gefährten eine Chance hatten diesen Kampf zu überleben. Nuada war es egal, ob er überlebte, solange dieser fürchterliche Ort gesäubert werden würde. Vielleicht konnte sein Tod dafür sorgen, dass seine Gefährten als Sieger hervorgingen.

Nuada spürte, dass die Zeit reif war und sprang schreiend auf den Händler zu. Nuada landete nur wenige Fuß vom Händler entfernt, während sein Schwert leicht durch die jungen Abscheulichkeiten glitt, die den Händler beschützten, als wäre er ihre Mutter. Der Händler war verblüfft von Nuadas Fähigkeiten, lächelte jedoch nur und streckte seine Arme in Nuadas Richtung. Seine Hände verwandelten sich in groteske Tentakeln und schossen los, um Nuadas Silberarm zu umschlingen und diesen aus seiner Fassung zu reißen. Miach hatte jedoch großartige Arbeit geleistet, denn egal wie heftig der Händler auch daran zog, der Arm blieb fest haften. Während die Beiden kämpften, befanden sich mittlerweile auch Nuadas Gefährten in einem Kampf in dem nicht nur ihr Leben, sondern auch ihre Seele auf dem Spiel stand.

Wie Nuada es vermutet hatte, war die Hamadryade nicht nur eine fähige Heilerin, sie war eine Veteranin vieler Touren durch die Sturmlande und war siegreich aus unzähligen Kämpfen gegen Abscheulichkeiten hervorgegangen. Ihr Stab peitschte so meisterhaft durch die Luft, wie es Nuadas Schwert tat, während sie die Köpfe derer spaltete, die närrisch genug waren, um sich ihr entgegenzustellen. Sie hatte eine recht unangenehme Überraschung für diejenigen, die sich clever und heimlich hinter sie geschlichen hatten; ihren Schwanz. Der Erste, der sich hinter ihr positioniert hatte und mit einem einfachen Todesschlag rechnete, lernte sehr schnell, dass der Schwanz einer Hamadryade eine sehr mächtige Waffe sein konnte. Als sich die Schreckensgestalt ihrer ungeschützten Rückseite näherte, erhob sich der Schwanz der Hamadryade und schwankte hin und her, wie eine Kobra. Hypnotisiert von den Bewegungen des Schwanzes, stand die Schreckensgestalt einfach nur da und gurrte in einem furchtbaren Ton vor sich hin. Bevor die fürchterliche Kreatur ihre Sinne wiedererlangen konnte, zog sich das Fell vom Schwanz der Hamadryade zurück und offenbarte ein scharfes Gebiss. Der Schwanz schlug zu, wie eine Giftschlange, haftete sich ans Gesicht der Kreatur und pumpte sie mit genug Gift voll, das sie umgehend tötete. Nachdem weitere Kreaturen ihrem Schwanz zum Opfer gefallen waren, entschieden sie sich dazu, dass es sicherer war, die Hamadryade von vorne anzugreifen. Es schien, als würden die Kreaturen zumindest in irgendeiner Form höhere, kognitive Funktionen besitzen und das beunruhigte die Heilerin natürlich sehr.

Auch einige der anderen Gefährten hatten mit diesen Kreaturen zu kämpfen. Die Geweihte der Hel hatte ihre Maske abgezogen und beschwor die Kräfte ihrer Vorfahren, um den Horror ihrer eigenen Visage noch zu verstärken. Aus nächster Nähe war sie so gefährlich, wie der Rest, denn sie war in der Lage die Kreaturen buchstäblich zu Tode zu erschrecken. Mit ihrem doppelköpfigen Stab brachte sie den Abscheulichkeiten den Tod und heilte so auch gleichzeitig ihre Gefährten. Für sie war der Kampf eine Kombination aus Freude, Ekstase und Tod. Ihr wildes Gelächter hallte durch die Hallen. Ihre Feinde wurden in Schrecken versetzt, während ihre Gefährten sich in ihrer Moral gestärkt fühlten. Nuada hörte ihr Gelächter und fügte sein eigenes hinzu, doch noch hatte der Händler die Oberhand. Die Kammer füllte sich weiterhin mit unvorstellbaren Abscheulichkeiten. Viele von ihnen sahen aus, wie ältere Exemplare der Kreaturen, deren Geburt sie mitangesehen hatten. Andere hingegen sahen aus wie eine Kombination aus den verschiedensten Rassen dieser Welt. In diesem lebenden, atmenden und alptraumhaften Raum waren bewusstseinsverändernde Kombinationen aus männlichen und weiblichen Organen, Zähnen, Federn, Klauen und einer Menge an Tentakeln vorhanden.

Der Gargoyle-Magier stellte sich ebenfalls als Problem für die Kreaturen heraus. Seine Feuermagie versengte mit Leichtigkeit die Haut dieser Schreckensgestalten. Sie verbrannten schnell und ihre Schmerzensschreie steigerten die Zuversicht der Gefährten. Sobald einige Feinde zu Nahe an den Gargoyle herangekommen waren, verwandelte er seine Haut, doch immer nur den betroffenen Teil seines Körpers. Er verwandelte es sofort, nachdem die Kreaturen ihn gebissen hatten und lockte sie so in die Falle. Gefangen in seiner Haut konnten sie nichts anderes tun, als ein Ziel für die Angriffe ihrer eigenen Art darzustellen. Unglücklicherweise fingen die Kräfte des Magiers an zu schwinden, obwohl er sehr umsichtig damit umgegangen war.

Nicht alle Gefährten hielten sich so gut. Drei von ihnen waren bereits bezwungen und bewegten sich nicht mehr. Der Erste war ein Kämpfer der Sturmreiter gewesen, der seine Rüstung ausgezogen und die Kreaturen herausgefordert hatte ihn anzugreifen. Traurigerweise taten sie es in einer Anzahl, die er unmöglich abwehren konnte, so dass er schnell völlig von ihnen bedeckt war. Ihr gemeinsames Gewicht zwang ihn auf seine Knie, doch er kämpfte immer noch weiter, während seine Narben sichtbar aufleuchteten. Ungeachtet seiner Belastung schien er in der Lage zu sein, seine körperlichen Wunden völlig ignorieren zu können. Als er seinen rechten Arm verlor, wechselte er mit seiner Waffe einfach zur linken Hand. Sein Wille war unbezwingbar, doch am Ende war er immer noch sterblich und irgendwann gab sein Körper auf.

Am anderen Ende des Raumens kämpften zwei Luchopán mit dem Rücken zueinander und versuchten die Flutwelle an Kreaturen abzuhalten, die drohte sie zu verschlingen. Sie waren keine großartigen Kämpfer, doch sie hatten ein scheinbar unendliches Repertoire an Tricks, um ihre Gegner abzulenken, hinzuhalten und ihnen Schaden zuzufügen. In einer Situation manövrierten sie sich selbst hinter ein Becken voller Säure und forderten die Schreckensgestalten dazu auf sie anzugreifen. Sie warteten bis die Kreaturen auf sie zustürmten und verschwanden schließlich. Dutzende von Abscheulichkeiten rannten mit dem Kopf voran in das Becken und wurden von der Säure lebendig aufgelöst; ihre Schreie reihten sich in den Missklang des Leidens mit ein. Als die siegreichen Luchopans wieder auftauchten, beglückwünschten sie sich selbst, wandten sich wieder ihren Feinden zu und waren überwältigt, bevor sie reagieren konnten. Den Schreckensgestalten physisch unterlegen, wurden sie schnell umgeworfen und ein grausames, aber zum Glück kurzlebiges, Festessen begann.

Der Zulauf an Kreaturen schien nicht aufzuhören. Egal wie viele sie zerstörten, es kamen immer neue hinzu. Nuada überblickte das Schlachtfeld und erkannte, dass sie ihre Stellungen hielten, doch immer wenn eine Kreatur erschlagen worden war, folgten zwei neue, um den Platz einzunehmen. Nuada spürte das viel zu familiäre Gefühl von Reue, doch er schüttelte es ab und setzte seinen Kampf fort. Er spürte einen kleinen Hoffnungsschimmer aufkommen, als er bemerkte, wie eine Walküre und ein junger Tuatha Dé Danann in der Nähe von Johann und Nimue gegen Abscheulichkeiten kämpften. Die Walküre erstrahlte in voller Pracht, ihre Flügel in einem vibrierenden, blauen Feuer ausgebreitet; ein Feuer, dass nicht brannte, wie normales Feuer. Sie war mit zwei Speeren bewaffnet; jeder von ihnen strahlte in diesem blauen Feuer. Mit jedem festen Schlag zerstörte sie mehrere der Kreaturen. Sie war ein überwältigender Anblick, die ihre Gegner spöttisch aufforderte sie anzugreifen und diese offenbar alleine durch ihren Willen in den Kampf zog. Überhäuft mit Blut wirkte es so, als würde sie mit jedem Schlag stärker werden und die Schreckensgestalten fingen an sich zurückzuziehen, als sie bemerkten welche Zerstörung die Walküre mit sich brachte. Zum Teil waren ihre Speere so voll von Kreaturen, dass es so erschien, als gehörten sie über eine Feuerstelle, um langsam in der Hitze gewendet zu werden.

Der junge Tuatha Dé Danann war genau so effektiv, wie seine geflügelte Waffenschwester. Sein Schwert, wenn auch nicht ganz so hervorragend geschmiedet wie Nuadas Waffe, glitt in großem Bogen durch die Kreaturen und trennte sie in zwei Hälften, wie das Auge von Balor. Er war ein ernsthafter Mann und auch wenn er den Kampf nicht genoss, so waren seine Fähigkeiten, trotz seiner Jugend, beeindruckend. Nuada nahm sich vor mit dem jungen Mann zu reden und ihn besser kennenzulernen, sobald der Kampf vorüber war. Während Nuada die Situation einschätzte, kam er zu dem Entschluss, dass Johann und Nimue in guten Händen waren und richtete all seine Konzentration auf den Händler.

Es war keine leichte Aufgabe sich von den Tentakeln des Händlers zu befreien. Die äußere Haut der Tentakeln war sehr gut gepanzert und Nuada musste all seine Kraft aufbringen, um sich durchzuschlagen. Nachdem sein Schwert wieder frei war, kämpfte Nuada sich durch die Kreaturen, die gekommen waren, um den Händler zu beschützen. Ein Vorteil eines magischen Silberarmes war, dass dieser nicht so leicht ermüdete und langsam aber stetig arbeitete sich Nuada näher an den Händler heran, der nicht beunruhigt schien, im Anbetracht der massenhaften Zerstörung seiner Kreationen. Dieser Gedanke musste sich auf Nuadas Gesicht abgezeichnet haben, denn der Händler antwortete auf diesen Blick.

„Du wunderst dich, weshalb ich so ruhig bin?“ spöttelte der Händler, „Du hast wirklich keinen blassen Schimmer von unserem zu Hause, oder? Wir sind zahlreich innerhalb der Depths. Sicher, du magst vielleicht einige von uns töten, vielleicht sogar mich besiegen, doch wir werden immer zurückkehren.“

„Ich werde dich zerstören. Selbst wenn es den Rest meines Lebens kostet,“ sagte Nuada, „Selbst wenn es bedeutet, dass ich sterbe. Und falls ich sterbe, werden sich andere erheben, um diesen Schreckensort zu zerstören. Da kannst du dir sicher sein.“

„So süß, so naiv und so dumm,“ sagte der Händler, „Dein Volk wird diesen Ort nicht zerstören. Sie werden kämpfen, um seine Geheimnisse zu erfahren und wenn sie das tun, dann werden sie noch mehr lernen wollen. Das hier ist nur unser erster Tanz Nuada, es werden noch viele weitere folgen,“ schnatterte der Händler.

Mit diesen Worten verwandelte sich der Händler erneut und nahm dieses Mal die Form von Nimue an. Nuada war kurzzeitig abgelenkt und zwar so sehr, dass er es nicht bemerkte, als eine Abscheulichkeit auf ihn zusprang und an seinem Hals landete. Nuada griff nach der Kreatur, doch bevor er sie aufhalten konnte, biss sie in seinen Hals, riss Fleisch heraus und öffnete eine tiefe, blutende Wunde, während sie irgendein Gift in die Wunde fließen ließ. Die falsche Nimue ging auf Nuada zu. Sie kniete sich nieder, um Nuada genauer zu betrachten, wie dieser verzweifelt versuchte die Blutung zu stillen, als sie ein merkwürdiges Geräusch hörte.

„Charge!“ brüllte Miach, der sich dem Kampf offenbar angeschlossen hatte. Als der Händler hochschaute, sah er, wie zwei Dvergar im vollen Lauf auf ihn zustürmten. Sie hatten den Kopf gesenkt und ihre Köpfe schienen immer felsiger zu werden, bis sie Beide steinernen Rammböcken glichen. Bevor der Händler reagieren konnte, trafen sie ihn gleichzeitig in den Bauch, warfen ihn zurück und sorgten dafür, dass er sich wieder und wieder überschlug. Miach suchte sofort die Heilerin auf, als er Nuadas Zustand erkannte.

„He du, komm her und heile unseren furchtlosen Anführer, er hat sich einen ganz schönen Knutschfleck von einem dieser Viecher eingefangen!“ brüllte Miach und zerquetschte eine der Kreaturen zwischen seinen steinernen Händen.

Als sie das hörte und Nuada sah, entledigte sich die Heilerin schnell der letzten Kreaturen, die sie plagten und rannte zu Nuada, um ihm zu helfen. Sie legte eine heilende Hand auf ihn und war in der Lage seine Wunde zu schließen.

„Entspanne dich, Nuada,“ sagte sie besänftigend, „Dieser Kampf ist für dich vorbei. Wir werden uns um ihn kümmern.“

„Genau. Jetzt, wo die Dvergar hier sind, wird es nicht lange dauern,“ prahlte Miach und rieb sich die Hände, „Davon abgesehen, schau dir diese geflügelte Schönheit dort drüben an, sie hat sich kaum eine Feder verbogen!“

„Wie lange kann ein Wikinger kämpfen?“ rief Miach und alle Wikinger im Raum antworteten, „Den ganzen Tag und durch die Nacht!“

„Der Händler gehört mir,“ sagte Nuada schwächlich, „Heilerin, ich weiß, dass du in der Lage bist noch mehr zu tun.“

„Nein, Nuada, das kann ich nicht,“ sagte sie traurig.

„Lüge mich nicht an. Ich habe endlich verstanden, wer du bist,“ sagte Nuada.

„Das hat lange genug gedauert,“ murmelte Miach.

„Du bist sie, die Mutter deines Volkes,“ sagte Nuada, „Hamadryas.“

„Ja, Nuada, das bin ich,“ nickte Hamadryas.

„Du hast die Kraft, um mich wiederherzustellen…nicht wahr?“ fragte Nuada.

„Ja, doch es käme mit einem furchtbaren Preis,“ sagte Hamadryas.

„Ich bin bereit jeden Preis zu zahlen,“ sagte er.

„Wofür, Nuada?“ fragte sie, „Um wieder und wieder zu töten?“

„Um meine Freunde und unser Volk zu retten und anzufangen die Balance wiederherzustellen…..das ist für mich jeden Preis wert, auch die ewige Vergessenheit,“ sagte Nuada.

„Ich wünschte mir, dass du das nicht gesagt hättest, Nuada,“ sagte Hamadryas, „Doch ich bin stolz auf dich. Miach, halte ihn fest, denn das wird weh tun, sehr.“

Während der Kampf um sie herum weiterging, flossen Leben und Tod durch die Kammer und durch Nuada. Hamadryas beschwor all ihre Macht. Sie heilte die Wunde, indem sie es auf sich nahm und ließ ihre Kraft in Nuada fließen. Sich selbst völlig erschöpfend, schenkte sie Nuada eine erhöhte Geschwindigkeit und mehr Stärke. Nuada fühlte sich unglaublich gestärkt und sprang buchstäblich auf.

„Kümmere dich um sie, Miach,“ sagte Nuada, „Ich werde so schnell wie möglich zurückkehren.“

Nuada stürmte auf den Händler zu, der sich dazu entschied, dass es ein guter Zeitpunkt war, um die Kammer zu verlassen, nachdem er gesehen hatte, wie Nuada wieder auferstanden und mit immenser Kraft versehen worden war. Nuada wollte ihm bereits folgen, als er Miachs Stimme hörte.

„Warte! Wie wäre es damit einige deiner neuen Kräfte dafür einzusetzen, um Nimue und Johann zu befreien?“ rief Miach,“Sofern du nicht zu beschäftigt bist?“

Eine Menge an bösartigen Gedanken gingen Nuada durch den Kopf, inklusive einen bestimmten Dvergr seinen geliebten Berg hinunterzurollen, doch Nuada eilte zu seinen gefangenen Freunden. So sehr er den Händler auch töten wollte, er hatte eine Entscheidung zu treffen und das tat er.

„Walküre. Hilf mir hoch!“ sagte er.

Als Nuada die Walküre erreichte, verschränkte diese ihre Finger zu einer geeigneten Trittfläche und schleuderte Nuada in die Luft in Richtung Nimue. Er landete oben auf der Röhre, die dafür sorgte, dass die Schreckensgestalten aus ihr hinaus flossen. Er riss sie aus ihrem Mund und der konstante Strom an unbekannten Substanzen floss nun harmlos zu Boden. Anschließend befreite er Nimue, zerstörte den Brutkasten und legte sie sanft auf den Boden.

„Ruh dich hier aus, Nimue,“ sagte Nuada, „Du wirst schon bald geheilt sein. Und vielen Dank noch einmal für deinen Mut. Es tut mir Leid, dass du für solch eine noble Geste so sehr leiden musstest.“

Er beugte sich hinunter und küsste sie sanft auf die Stirn. Schließlich befreite er Johann und machte sich erneut auf, um den Händler zu finden. Nuada dachte, er wäre ihm bereits entwischt, doch dann realisierte er, dass er clever sein und wie der Händler denken musste. Wohin könnte er gehen? Sobald ihm dieser Gedanken kam, rannte er zu dem offensichtlichsten Ort, Bres Thron; die Kammer in der Nuada die versteckten Schätze der Tuatha Dé Danann vermutete.

Während er rannte, waren seine Gedanken erfüllt von Rachegelüsten in Bezug auf den Händler. Ganz gleich, wie falsch Bres Taten auch gewesen waren, es war der Händler mit seinen Lügen, der an allem Schuld war. Es schien ewig zu dauern, bis Nuada den Thronsaal erreichte. Er war beruhigt, als er Bres dort immer noch sitzen sah, doch das änderte sich, als der Händler plötzlich neben Bres stand.

„Händler!“ rief Nuada.

„Hmm. Vielleicht bist du nicht so dumm, wie ich gedacht habe,“ sagte der Händler, „Auf der anderen Seite…“

Als der Händler die magischen Fesseln, die Bres gefangen hielten, löste, wandte dieser sich umgehend Nuada zu.

„Nuada!“ schrie Bres, „Wie kannst du es wagen in mein Königreich einzudringen!“

„Bres,“ sagte Nuada, „Du wurdest ausgetrickst. Was glaubst du, wo du bist?“

„In meinem Thronsaal in Tir Na nÓg, natürlich,“ knurrte Bres.

„Nein, du bist in den Depths,“ sagte Nuada, „Du wurdest von der gleichen Kreatur reingelegt, die auch mich reingelegt hat.“

„Blödsinn,“ erwiderte Bres, sichtlich irritiert von diesem Eindringen. Er ließ seine Hand schweifen und sagte, „Ich kann die Küste von diesem Fenster aus sehen. Ich kann die Aromen des Marktplatzes riechen und ich sehe dich auf meinem wundervollen Teppich stehen.“

In diesem Moment ergriff Bres den Siegesspeer, dessen Versteck von einem Zauber verborgen worden war und rannte auf Nuada zu. Nuada wusste, dass Bres unter einem Zauber stand, wusste, dass dies kein einfacher Kampf werden würde und hielt sich trotzdem zurück, da er Bres nicht töten wollte, bevor nicht gänzlich aufgeklärt war, was hinter dem Verrat seines ehemaligen Freundes steckte. Bres kämpfte einige Momente tapfer, bevor er plötzlich zu Boden stürzte. Als Nuada sich ihm näherte, sah er, dass Bres sehr gealtert war.

„Bres,“ sagte Nuada.

„Nuada,“ antwortete Bres, „Wo bin ich? Was ist mit mir passiert?“

„Du bist in den Depths,“ sagte Nuada, „Du liegst im Sterben und ich kann nichts tun, um dir zu helfen. Dieser Sohn einer Abscheulichkeit von Händler hat dich reingelegt, so wie er auch mich reingelegt hat!“

„Händler?“ sagte Bres, „Ich habe keinen Händler oder irgendeinen anderen Mann gesehen. Die Person, die mich geführt hat, war die wundervollste und hübscheste Frau, die ich jemals gesehen habe. Sie erzählte mir, dass ich unser Volk und unsere Welt retten musste. Sie warnte mich, dass du der Zerstörer unseres Volkes sein würdest und dass wir nur mit der Hilfe von Balor gerettet werden konnten. Habe ich es getan? Habe ich unser Volk gerettet?“

„Ja, Bres,“ sagte Nuada, „Das hast du“.

„Ich bin so froh,“ erwiderte Bres schwer atmend, während sein Körper weiter nachgab und die letzte Anspannung verloren ging, „Es tut mir Leid, doch ich muss gehen….“

„Wie rührend,“ sagte der Händler spöttisch, „Es ist eine Schande, dass er uns so früh verlassen musste. Ihr Beide habt uns soviel Macht geschenkt, wir hassen es euch gehen zu sehen.“ Dieses Mal klang der Händler jedoch nicht mehr so überzeugt, wie sonst.

„Wo sind deine Schreckensgestalten jetzt, Händler?“ fragte Nuada, der den Speer aufnahm und sich ihm weiter näherte, „Es sind nur du und ich dieses Mal.“

„Und du bist immer noch in der Unterzahl,“ sagte der Händler verachtend. Nuada bereitete sich auf den Angriff vor, doch der Händler drehte sich nur um und rannte.

Anstatt zu rennen, ging Nuada dem Händler langsam hinterher und wartete darauf, dass dieser an den Rand des Abgrundes kam, wo der gigantische Mund still wartete. Als sich der Händler dem Abgrund näherte, schleuderte Nuada den Speer.

„Händler!“ rief Nuada.

Als dieser sich umdrehte und zu Nuada blickte, durchbohrte der Speer seinen Körper und landete in einer der Wände. Nuada wunderte sich, denn eine der magischen Fähigkeiten des Speeres war es, zu seinem wahren Eigentümer zurückzukehren. Leicht aus der Balance gebracht, schwankte der Händler und war kurz davor in den Abgrund zu fallen, als er seine Balance wiederfand.

„Hah! Ich sagte dir doch, dass du däml….“ sagte der Händler, als Nuada ihn mit voller Kraft rammte und sie Beide in den Abgrund stürzten.

„Und ich habe dir gesagt, dass ich dich töten werde,“ antwortete Nuada. Als sie in den riesigen Mund fielen, passten sich die Schreie des Händlers denen der jungen Abscheulichkeiten an. Seine Arme verwandelten sich erneut in Tentakeln und versuchten ihren Fall in die wartenden Zähne zu bremsen. Nuada attackierte die Tentakeln und hinderte sie daran ihre Saugnäpfe zu verwenden, um sich an den Wänden festzuhalten. Als ihr Fall sich beschleunigte, schleuderte Nuada dem Händler einen Todesfluch entgegen und zum ersten Mal hatte der Händler Angst. Als der Fluch ausgesprochen war, starb Nuada, Held und Narr, Krieger und Erlöser, lächelnd. Im Moment seines Todes brach die Verbindung zwischen Hamadryas und Nuada abrupt und permanent ab. Wie der Händler spürte Hamadryas etwas, das sie seit Jahrhunderten nicht empfunden hatte. Eine Träne lief ihr über die Wangen.

Währenddessen hielten die verbliebenen Gefährten den Angriffen der Kreaturen immer noch stand. Mit dem Tod des Händlers erwachten keine weiteren Kreaturen zum Leben und die Gefährten gewannen die Oberhand. Der schlimmste Teil des Kampfes war vorüber und unzählige Schreckensgestalten hatten den Tod gefunden; nicht dass irgendeiner der überlebenden Gefährten in dem Raum zurückbleiben wollte, um sie zu zählen.

Nimue und Johann waren in einer überraschend guten, körperlichen Verfassung, denn es war im besten Interesse der Depths gewesen, dass sie gut versorgt wurden. Mental standen sie jedoch unter Schock und hatten ihren Rettern wenig zu sagen. In Wahrheit waren sie sich nicht einmal sicher, ob es überhaupt real war, was sie gerade erlebten. Während ihrer Gefangenschaft hatte der Händler sie physisch und psychisch gefoltert, um sie zu brechen und ihnen ihr Selbst- und Realitätsgefühl zu rauben. Miach tröstete Johann und versuchte ihn aufzumuntern, doch Johann blieb still. Die Walküre kümmerte sich um Nimue so gut sie konnte, doch, wie Johann, war auch Nimue nicht bereit für irgendeine wirkliche Interaktion mit ihren Rettern. Sie sagte jedoch „Nuada?“ an einer Stelle, doch niemand konnte es übers Herz bringen darauf zu antworten.

Hamadryas war wieder zu Kräften gekommen. Der Tod von Nuada hatte einiges von der Energie wiederhergestellt, die sie ihm geliehen hatte, um den Händler zu töten. Die Heilerin tat, was sie konnte, doch einer mehr von ihnen, eine weibliche Cait Sith, erlag ihren Wunden. Wie die anderen, hatte sie mutig gekämpft und sich manchmal so elegant inmitten der Kreaturen bewegt, dass es schien, als würde sie nur aus reißenden Zähnen, Dolchen und Klauen bestehen. Bevor sie starb, flehte sie Hamadryas an, dass man sie in ihrer Heimat begraben und dass Artus von ihrem Mut erfahren würde. Hamadryas nickte und versprach, dass sie ihren Körper für die lange Reise nach Hause bewahren würde. Während die Cait Sith ihren Wunden erlag, verließen die verbliebenen Gefährten diese fürchterliche Kammer.

Als sie in den Thronsaal zurückkehrten, erkannten sie, dass Bres immer noch spärlich am Leben war. Sie versuchten ihn zu heilen, doch er war dem Tode schon zu Nahe und die Gefährten immer noch zu geschwächt von den Kämpfen. Bevor er starb, erzählte er ihnen von Nuadas Opfer und von den Verstecken der letzten drei Schätze. Hamadryas dankte ihm dafür und Bres bat sie um Vergebung. Bevor sie ihm antworten konnte, starb er.

Der junge Tuatha Dé Danann folgte Bres Anweisungen und kehrte mit dem Siegesspeer zu seinen Freunden zurück.

„Das fühlt sich richtig an in meinen Händen.“ sagte der Krieger.

„Ja, Lugh, das sollte es auch.“ sagte Hamadryas. Lugh nickte nur.

Die Gefährten ruhten sich eine Weile aus. Nachdem sie ihre Toten eingesammelt hatten, holten sie die letzten Schätze der Tuatha Dé Danann. Miach ging zum Rande des Abgrunds, in den Nuada sich gestürzt hatte, und schaute hinab in das geöffnete Maul. In der Hand hielt er ein Geschenk, das er für Nuada an der Goldenen Schmiede hergestellt hatte. Es war weder eine Waffe noch eine Rüstung, es war einfach nur ein Schmuckstück. Es war zusammengesetzt aus drei einzigartigen, goldenen Schwertern und in der Mitte saß das Symbol der Tuatha Dé Danann. Miach blickte in den wartenden Mund, dachte an seinen Freund und ließ sein Geschenk sanft aus den Händen gleiten, „Hab eine sichere Reise, mein Freund.“ Als er sich vom Rand entfernte, hoffte jedoch zumindest ein Teil von ihm, dass die Kreatur „daran ersticken würde.“

Als die Gefährten die Depths verlassen hatten, dachten sie sehr lange und genau darüber nach, was alles geschehen war, um nichts davon zu vergessen. Sie verbreiteten die Neuigkeiten in allen drei Reichen, während sie nach Hause reisten. Nuada wurde für immer als einer der größten Helden unseres Volkes verehrt. Er wurde jedoch niemals mehr gesehen, weder in dieser Welt, noch in einer anderen.

Dieses Abenteuer war eines der Letzten in denen die drei Reiche zusammengearbeitet haben. Es wird gesagt, dass die Geschichten von Nuada sich in den Reichen, wie ein Veilsturm, verbreiteten und während sie Hoffnung und nicht Zerstörung brachten, sorgten sie dafür, den zweiten Umbruch dieser Welt zu verzögern.

Wie Lugh schließlich mit den vier Schätzen an seiner Seite die Arbeit von Nuada fortsetzte und die Tuatha Dé Danann wieder vereinte, nun, das ist eine Geschichte für ein anderes Mal. Es wird gesagt, dass Lugh eine Menge aus Nuadas Fehlern gelernt hatte. Seine Führung war entscheidend beim Wiederaufbau seines Reiches und dem Überleben des zweiten Umbruchs dieser Welt.

„Sehr gut,“ sagte der Ausbilder, „Das war eine ausgezeichnete Rezitation. Die Beste, die ich jemals gehört habe.“

„Vielen Dank“, sagte der Prüfling.

Der Jüngling und der Ausbilder gingen zum Raum der Entstehung, in dem der junge Prüfling das letzte Opfer der Silberhände vollbringen musste. Denn es war an der Zeit, dass seine eigene Geschichte begann, mit einem Arm aus Metall, der seinen eigenen ersetzte.

Miach, der Dvergr, hatte die Depths ebenfalls überlebt und als Dank für das, was er gelernt hatte und aus Freundschaft zu Nuada, schenkte er den Tuatha Dé Danann das Geheimnis, wie man Metallarme herstellen konnte. Als ein weiteres Geschenk, hatte er seine eigenen Erinnerungen daran permanent entfernen lassen. Heutzutage ist nur noch ein Handwerker der Tuatha Dé Danann in der Lage, solche Arme herzustellen.

Und so endet die Geschichte der Silberhände.

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